GPK-Bericht zur Aufsicht über die BLS AG: Regierung beurteilt Sachverhalt aus anderer Optik [aktualisiert]

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 18. August 2021 veröffentlicht.

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat den Bericht der GPK zur Aufsicht über die BLS AG zur Kenntnis genommen. Er beurteilt den Sachverhalt in wichtigen Punkten anders als die Kommission. Das betrifft insbesondere Fragen der Zuständigkeit des Kantons als Besteller und Miteigner. Die Empfehlungen der GPK wird er prüfen und soweit zweckmässig umsetzen.

Gemäss dem eidgenössischen Personenbeförderungsgesetz (PBG) obliegt die subventionsrechtliche Aufsicht über die Abgeltungen im regionalen Personenverkehr (RPV) dem Bund. Hinzu kommt, dass der Kanton der BLS AG keine öffentlichen Aufgaben übertragen hat, denn auch das liegt in der Kompetenz der Bundesbehörden mit der Erteilung der Konzessionen an die Eisenbahnunternehmen.

Das BAV hat aus Sicht des Regierungsrates die Aufsicht wahrgenommen. Die zu viel erhaltenen Abgeltungen wurden zurückbezahlt, Kontrolle und Aufsicht wurden verstärkt. Ausserdem will der Bund mit einer Strafanzeige prüfen lassen, ob strafrechtliche Tatbestände bestehen.

Verwaltungsrat der BLS hat nach Feststellen der Unregelmässigkeiten gehandelt

Bei der BLS AG handelt es sich um ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen gemäss OR. Neben dem Kanton Bern als Mehrheitsaktionär sind weitere andere öffentliche und private Aktionäre am Unternehmen beteiligt. Die aktienrechtlichen Bestimmungen sind im Zusammenhang mit der Aufsicht zu beachten. Konzessionierte Unternehmen, an denen der Kanton beteiligt ist, gelten als Träger öffentlicher Aufgaben. Sie unterstehen der Aufsicht des Regierungsrates. Bei dieser Aufsicht handelt es sich im Gegensatz zur Aufsicht des Bundes aber nicht um eine Fachaufsicht, sondern sie dient der Wahrnehmung öffentlicher Interessen und richtet sich an den Verwaltungsrat des Unternehmens.

Der Verwaltungsrat der BLS AG hat aus Sicht des Regierungsrates nach Feststellen der Unregelmässigkeiten gehandelt. Er hat den Sachverhalt durch eine externe Stelle abklären lassen und die erforderlichen Massnahmen im Unternehmen getroffen, damit sich solche Fehler nicht wiederholen. Bezüglich der von der GPK bemängelten Transparenz hat der Regierungsrat angesichts der laufenden Strafanzeige Verständnis für das Vorgehen des Verwaltungsrates (vertraulicher Bericht mit Schwärzung von Namen), welches bei solchen Fällen nicht unüblich ist. Er bedauert, dass die GPK auf eine Einsichtnahme des vertraulichen Berichts verzichtet hat.

Keine Verletzung der Aufsicht durch Regierung und Direktion

Der Regierungsrat stellt zusammenfassend fest, dass er und auch die zuständige Fachdirektion entsprechend ihren Zuständigkeiten und Verantwortungen gehandelt haben. Eine Verletzung der Aufsicht kann er nicht erkennen. Gleichzeitig ist er aber offen für allfällige Verbesserungen, wenn solche erforderlich wären. Er hat die kantonalen Bestimmungen zur Aufsicht mit den sogenannten PCG-Richtlinien gerade Anfang Jahr neu erlassen. Aufgrund des Berichts kommt der Regierungsrat zum Schluss, dass zwischen ihm und der GPK unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die Aufsicht von Unternehmen mit kantonalen Beteiligungen bestehen.

Geschäftsprüfungskommission (GPK) ortet Mängel in der Aufsicht
Bei der Aufarbeitung der Ungereimtheiten rund um die zu hohen Abgeltungen für die BLS AG waren der Regierungsrat und die zuständige Direktion zu wenig aktiv und haben das Steuer zu sehr dem Verwaltungsrat überlassen. Zu dieser Beurteilung kommt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates in ihrem Bericht, den sie zur Behandlung in der Herbstsession 2021 verabschiedet hat.

Die BLS AG, an welcher der Kanton Bern mit einem Anteil von 55,8 Prozent beteiligt ist, stand in den letzten zwei Jahren wiederholt in den Schlagzeilen, weil sie von Bund und Kantonen für den abgeltungsberechtigten Personenverkehr zu hohe Abgeltungen bezogen hatte. Zunächst waren Mängel beim sogenannten Zinsglättungsmodell bekannt geworden. Später wurde öffentlich, dass die BLS AG in ihren Offerten zu tiefe Erlöse aus dem Tarifverbund Libero eingerechnet hatte und sich das Unternehmen deswegen verpflichten musste, erneut einen mittleren zweistelligen Millionen-Betrag an die Besteller zurückzuzahlen. Überprüfungen durch weitere Instanzen, so beispielsweise durch die eidgenössische Finanzkontrolle (EFK), wiesen auf weitere Mängel hin.

Regierungsrat verpasst es, Transparenz zu schaffen

Obwohl diese Vorkommnisse Stück für Stück an die Öffentlichkeit traten, blieben die zuständige Direktion und der Regierungsrat, welcher gemäss Verfassung die Aufsicht über seine Beteiligung wahrzunehmen hat, passiv. So gab der Regierungsrat in den Jahren 2019 und 2020 grünes Licht, dass an der Generalversammlung Décharge erteilt wurde, obwohl Abklärungen zur Verantwortlichkeit der Unstimmigkeiten noch am Laufen waren. Regierungsrat und Direktion überliessen es weitgehend dem BLS-Verwaltungsrat, die Vorfälle abzuklären. Sie verpassten es nach Einschätzung der GPK, gegenüber der Öffentlichkeit ein klares Zeichen auszusenden, dass sie die Angelegenheit minuziös durchleuchten und Transparenz schaffen wollen.

Verletzung der Mitwirkungspflicht

Kritik äusserte die GPK auch an der ungenügenden Kooperationsbereitschaft der BLS AG sowie der zuständigen Direktion gegenüber den kantonalen Aufsichtsorganen. So musste die kantonale Finanzkontrolle (FK) im Juli 2020 ihre Prüfungen auf Eis legen, weil sich sowohl die BLS AG als auch die zuständige Direktion der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkungspflicht widersetzt hatten. Dies indem sie der FK gewisse Dokumente nicht ausgehändigt oder die Legitimation der FK als Prüforgan generell in Frage gestellt hatten. Die BLS AG zweifelte auch die Aufsichtsbefugnisse der GPK an. Dies unterstreicht nach Ansicht der GPK, dass die Aufsicht über die BLS AG letztlich nicht richtig funktioniert hat.
Bericht zuhanden nächster Session verabschiedet

Die GPK hat zuhanden des Grossen Rates einen Bericht mit acht Empfehlungen verabschiedet. So erwartet die GPK gestützt auf die Erkenntnisse des Gutachtens Müller/Friederich [vgl. Medienmitteilung der GPK vom 28. Mai 2021], dass der Regierungsrat seinen Einfluss auf die BLS AG verstärkt. Daneben empfiehlt sie dem Regierungsrat unter anderem, die von der Verfassung verlangte gesetzliche Grundlage für die Beteiligung an der BLS AG zu erarbeiten.

Die GPK hat den Regierungsrat im Bericht aufgefordert, innerhalb eines Jahres gegenüber der Kommission über den Umsetzungsstand der Empfehlungen Rechenschaft abzulegen.

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Text-QuelleKanton Bern
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