Die Herrichtung des letzten Bierkistencontainers von 1961

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September 2020: Um den 20-Tonnen Frachttarif zu erreichen, musste der CTW mit sieben Kasten-SCC mit je 180 Bierkisten beladen werden können. / Quelle: SCC-Gruppe

In den Jahren 1961-63 beschaffte die Brauerei Feldschlösschen von Frechhorch Sissach (FHS) acht Kasten-Containers für den Transport von Bierkisten. Mit einem Ladevolumen von 11m³ waren dies die grössten je gebauten Swiss Containercars (SCC) für den Kombinierten Ladungsverkehr Schiene/Strasse. Durch mehrere Zufälle blieb ein einziges Exemplar erhalten, welches im Jahre 2020 durch die SCC-Gruppe in den Ursprungszustand zurückversetzt werden konnte.

In den 1950er Jahren stieg der Absatz von Flaschenbieren insbesondere auf Baustellen und in Betriebskantinen stark an. Aus Bahntarifgründen wurde das Bier nur in Fässern oder in Tank-SCC an die über 20 regionalen Bierdépôts versendet und vor Ort in Flaschen abgefüllt. Für die wenigen Dépôts ohne eigene Abfüllanlage schlug 1959 Braumeister Hans Wüthrich vor, einen vierachsigen Containertragwagen (CTW) mit sieben Kasten-SCC zu beschaffen. Im Dezember 1960 konnte Feldschlösschen die ersten beiden vierachsigen CTW der Schweiz in Betrieb nehmen: je einer für sieben Tank- und sieben Kasten-SCC. Das innovative Transportmittel für den Kombinierten Verkehr Schiene/Strasse war der Zeit weit voraus und heute ist der CTW der meistverbreitete Güterwagentyp der Schweiz. Mit sieben Kasten-SCC auf einem Bahnwaggon konnte der beste Frachttarif erreicht werden und der Bierkistenauslad am Bahnhof fiel dahin. Die Kasten-SCC verkehrten bereits ab 1962 kombiniert mit den Tank-SCC auf zweiachsigen CTW mit vier Stellplätzen. Gemäss Zeitzeugen erfolgte die Beladung immer symmetrisch: 1 Tank, 2 Kasten, 1 Tank. Dies dürfte der Grund gewesen sein, dass 1963 nochmals einen achten Kasten-SCC in aufwendiger Einzelanfertigung nachbestellt wurde. Die Kasten-SCC waren fortan primär eingesetzt für den Transport von Spezialbieren oder den damals neu eingeführten Bierdosen, welche mangels Menge oder Einrichtungen nicht vor Ort abgefüllt werden konnten. Ab 1963 wurden die Kasten-SCC insbesondere an den Wochenenden zunehmend auf Festplätzen eingesetzt, anfänglich noch mit Eiskühlung. 1965 folgte der Einbau einer Kältemaschine im Chassisbereich und um 1970 kam es zur leichten Anhebung des Aufbaus, so dass anstelle der 12’’ Räder normierte 15’’ Räder montiert werden konnten, wobei die Verdoppelung der Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h möglich wurde. 1983 erhielten sieben der acht 11m³ Bierkisten-SCC neue, besser isolierte Polyester-Aufbauten, welche jedoch nicht mehr bahnkonform waren. Eigentlich war geplant, alle acht SCC mit neuen Aufbauten zu versehen, ein Chassis war jedoch unfallbedingt stark abgeändert, so dass dieses samt Aufbau an einen Getränkehändler im Raum Bern veräussert wurde. Für den achten bestellen Polyester-Aufbau musste ein Tank-Chassis herhalten, welches die gleichen Aufnahmepunkte hat.

Die 11m³ Kasten-SCC gelten als Vorbild für die bewährten 10m³ Kasten-SCC für Festwirtschaften: diese verfügen zwar ein kleineres Ladevolumen, aber mit einer deutlich besseren Isolation. Im Weiteren waren diese von Anfang mit einer elektrischen Kältemaschine ausgerüstet. Zwischen 1966 und 1973 nahmen nicht weniger als sechs Brauereien und eine Mineralwasserquelle von FHS und PETER Winterthur insgesamt 55 Stück 10m³ Fest-SCC in Betrieb, welche vorkommissioniert mit der Bahn in alle Landestile zu den Grossanlässen spediert werden konnten.

Das «überleben» eins 11m³ Kasten-Aufbaus basiert auf mehreren glücklichen Zufällen. Bis 2016 war die SCC-Gruppe der Meinung, dass keiner der Bierkistencontainer erhalten geblieben ist. Der letzte 11m³ gelangte zuerst im Raum Bern an einen Getränkehändler mit Rugen-Bier Dépôt und später mit diversen Roststellen zu einem Abbruchhändler. Um das Jahr 2000 erwarb ein weiterer Getränkehändler den SCC und liess partiell neue Bleche aufnieten. 2006 erwarb die Brauerei Napf in Walterswil BE den SCC. Ein glücklicher Zufall war, dass ein Mitglied des Feldschlösschen-Oldtimerclubs im Sommer 2016 den Bierkisten-SCC mit laufender Kühlanlage auf einem Festplatz in Sumiswald erkannte und die SCC-Gruppe mit Bilder informierte. Schliesslich konnte diese 2018 den Bierkisten-SCC übernehmen – im Eintausch gegen einen 10m³ Fest-SCC aus dem Jahre 1970.

Im Frühjahr 2020 begann die Restauration des Aufbaus, wobei die Aussenverkleidung aus Stahlblechen, die Isolation und der gesamte Innenausbau aus Holz entsorgt werden musste. Der Bierkisten-SCC bekam eine neue Aussenverkleidung aus Aluminium plus Neuanstrich. Die bahnamtlichen- wie die Werbeanschriften wurden wie ursprünglich mit Schablonen aufgemalt. Nach Abschluss der äusserlichen Herrichtung präsentiert sich der letzte 11m³-Kasten-SCC im Originalzustand von 1961.

Mit der Herrichtung des Bierkistencontainers konnte die SCC-Gruppe ein wichtiges Etappenziel erreichen: Von den fünf in Serie gebauten SCC-Bauarten der Brauerei Feldschlösschen ist nun mindestens je ein Exemplar museal aufgearbeitet.

Technische Daten / Chronik:
– Immatrikulation SBB: sp 50587-50594, SBB Abnahmen 16. Januar 1961 und Juli 1963
– Tara: 2000 kg
– Nutzlast: 3740 kg
– Ausrangierung Feldschlösschen: 1983 (sieben Aufbauten Abbruch, Verkauf ein SCC komplett, sieben Fahrwerke als Spender für neue Polyesteraufbauten)


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