Stadler: Starke operative Geschäftsentwicklung in weiterhin schwierigem globalem Umfeld [aktualisiert]

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 30. August 2023 veröffentlicht.

Insbesondere der Eurokurs belastet das Ergebnis

2
Die Visualisierung zeigt den Stadler Fernverkehr-KISS für die ÖBB im Railjet-Design. / Quelle: Stadler
  • Weiterhin ausserordentlich hohe Nachfrage: Auftragseingang im ersten Halbjahr von CHF 4.7 Mia. nach starkem Vorjahreswert (H1 2022: 6.0 Mia.)
  • Auftragsbestand per 30.06.2023 erreicht mit CHF 25.4 Mia. ein neues Rekordniveau (31.12.2022: CHF 22.0 Mia.)
  • Der Umsatz erreicht erwartungsgemäss CHF 1.3 Mia. nach CHF 1.5 Mia. in der Vorjahresperiode. Im Jahr 2022 kam es zu einer Verschiebung der Umsätze aus der zweiten Jahreshälfte zu Gunsten der ersten Jahreshälfte. Neben der Saisonalität haben zudem negative Währungseffekte von ca. CHF 40 Mio. zum Umsatzrückgang beigetragen
  • Bruttomarge konnte trotz dem herausfordernden globalen Umfeld durch weitere Verbesserungen in der Auftragsabwicklung und einen vorteilhaften Produktemix um 2.3 Prozentpunkte von 9.8% in der Vorjahresperiode auf 12.1% verbessert werden
  • Operative EBIT-Marge liegt in der ersten Jahreshälfte bei 3.7% (CHF 47.5 Mio.) gegenüber 3.1% (CHF 45.5 Mio.) in der Vorjahresperiode. Unter Berücksichtigung eines positiven Einmaleffekts von CHF 21.3 Mio. erhöhte sich die EBIT-Marge in der Vorjahresperiode auf 4.5% (CHF 66.8 Mio.)
  • Konzernergebnis erhöht sich auf CHF 25.8 Mio. (H1 2022: CHF 2.4 Mio.)
  • Free Cash Flow steigt deutlich auf CHF 303.4 Mio. (H1 2022: CHF 91.3 Mio.)
  • Das Net Working Capital verbessert sich markant auf CHF -485.4 Mio. (31.12.2022: CHF -157.4 Mio.)
  • Net Cash verbessert sich infolge des starken Free Cash Flow auf CHF -57.8 Mio. per 30. Juni 2023 gegenüber CHF -230.8 Mio. am Jahresende 2022
  • Durch den hohen Auftragseingang werden für 2023 Investitionen von über CHF 200 Mio. erwartet. Alle weiteren Kennzahlen zum Ausblick für 2023 werden bestätigt
  • Mittelfristige Finanzziele werden bestätigt

«Mit unseren innovativen Produkten sind wir weiterhin äusserst erfolgreich am Markt. Dies zeigt sich im starken Auftragseingang der vergangenen sechs Monate. Unsere Auftragsbücher sind gut gefüllt und dank der robusten und widerstandsfähigen Organisation sind die Ausliefervolumen weiterhin auf hohem Niveau. In einem von Inflation und konjunkturellem Gegenwind geprägten 1. Halbjahr 2023 erzielte Stadler eine sehr gute operative Performance. Das war nur möglich dank der starken Teamleistung und der grossen Flexibilität aller Mitarbeitenden von Stadler. Die Situation in unseren Lieferketten ist teilweise weiterhin angespannt. Der Fokus auf Kostendisziplin, laufende Optimierung der Prozesse und Effizienzsteigerungen zeigt bereits erste Ergebnisse. Auch unsere Service- und Signalling-Geschäfte entwickeln sich weiter stark»

, kommentiert Markus Bernsteiner, Group CEO.

Der Auftragseingang erreicht dank der weiterhin äusserst dynamischen Nachfrage im ersten Halbjahr 2023 CHF 4.7 Mia., was erwartungsgemäss unter dem starken Auftragseingang in der ersten Jahreshälfte 2022 liegt (H1 2022: CHF 6.0 Mia.).

Der Auftragsbestand steigt damit erneut auf ein Rekordhoch von CHF 25.4 Mia. (31. Dezember 2022: CHF 22.0 Mia.). Im Auftragseingang sowie Auftragsbestand sind keine Aufträge für Fahrzeuge oder Dienstleistungen aus Rahmenverträgen enthalten, die noch nicht von Kunden bindend abgerufen wurden.

Der Geschäftsgang von Stadler unterliegt grundsätzlich einer starken unterjährigen Saisonalität, die typischerweise zu bedeutend höheren Umsätzen und einer höheren Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte führt. Dies äussert sich in der Regel darin, dass rund ein Drittel der Umsätze in der ersten, und die restlichen zwei Drittel in der zweiten Jahreshälfte erwirtschaftet werden. Während es in der Vorjahresperiode zu einer leichten Verschiebung dieser Regel zugunsten der ersten Jahreshälfte gekommen war, zeichnet sich im laufenden Geschäftsjahr eine Normalisierung der Saisonalität ab. Dies hat dazu geführt, dass die Umsätze um 12 Prozent auf CHF 1.3 Mia. gegenüber der Vorjahresperiode gesunken sind (H1 2022: CHF 1.5 Mia.). Ebenfalls haben negative Währungseffekte rund 3 Prozent zum Umsatzrückgang beigetragen. Trotz der stellenweise noch andauernden Lieferkettenprobleme und der Auswirkungen von geopolitischen Spannungen ist es zu keinen wesentlichen Verzögerungen bei den Auslieferungen der Fahrzeuge gekommen.

Ergebnisentwicklung

Trotz des herausfordernden globalen Umfelds konnte die Bruttomarge durch weitere Verbesserungen in der Auftragsabwicklung und einen vorteilhaften Produktemix von 9.8 Prozent in der Vorjahresperiode auf 12.1 Prozent verbessert werden.

Das operative Ergebnis auf Stufe EBIT erreicht in der ersten Jahreshälfte CHF 47.5 Mio. gegenüber CHF 66.8 Mio. (inklusive eines positiven Einmaleffekts von CHF 21.3 Mio.) im ersten Halbjahr 2022. Die EBIT-Marge liegt in der ersten Jahreshälfte bei 3.7 Prozent gegenüber 4.5 Prozent (bzw. 3.1 Prozent vor Einmaleffekt) in der Vorjahresperiode. Der Rückgang des EBIT und der EBIT-Marge ist insbesondere auf den Wegfall eines positiven Einmaleffekts in der Höhe von CHF 21.3 Mio. im Zusammenhang mit der Akquisition der BBR im ersten Halbjahr 2022 zurückzuführen. Zusätzlich haben Währungseffekte von rund CHF 15.0 Mio. aufgrund der Aufwertung des Schweizer Frankens, insbesondere gegenüber dem Euro, das Ergebnis beeinträchtigt. Die Währungseffekte entstehen hauptsächlich in Aufträgen, die in der Schweiz abgewickelt und in Fremdwährungen verrechnet werden. Generell werden entstehende Fremdwährungsrisiken soweit möglich durch «Natural Hedging» minimiert und durch finanzielles Hedging ergänzt. In der Phase zwischen Angebotsabgabe und finaler Vertragsunterschrift, die teilweise mehrere Jahre dauern kann, lassen sich die entsprechenden Währungsrisiken nicht in vollem Umfang absichern.

Das Konzernergebnis hat sich deutlich auf CHF 25.8 Mio. nach CHF 2.4 Mio. in der Vorjahresperiode erhöht. Während in der ersten Jahreshälfte 2022 erhebliche Kursverluste, hauptsächlich aus der Fremdwährungsbewertung von Bilanzpositionen, in der Höhe von CHF 32.1 Mio. das Finanzergebnis stark belastet haben, konnten in der laufenden Periode Kursgewinne über CHF 3.2 Mio. verzeichnet werden.

Cashflow und Bilanz

Der Free Cash Flow steigt in der Berichtsperiode auf CHF 303.4 Mio. gegenüber CHF 91.3 Mio. in der ersten Jahreshälfte 2022. Die Net Cash Position per 30. Juni 2023 beträgt CHF -57.8 Mio. gegenüber CHF -230.8 Mio. per 31. Dezember 2022. Der hohe Free Cash Flow sowie die damit einhergehende Erhöhung der Net Cash Position sind insbesondere auf hohe Anzahlungen aus neuen Aufträgen sowie Meilensteinzahlungen aus Aufträgen in Abwicklung zurückzuführen.

Segment «Rolling Stock»

Der Auftragseingang im Berichtssegment «Rolling Stock» beläuft sich in der ersten Jahreshälfte 2023 auf CHF 3.6 Mia. und liegt damit 27 Prozent unter der Vorjahresperiode. Der Auftragsbestand im Berichtssegment wächst im Vergleich zum Jahresende 2022 um 15 Prozent auf CHF 19.6 Mia. (31. Dezember 2022: CHF 17.0 Mia.). Das Berichtssegment «Rolling Stock» erreichte im ersten Halbjahr 2023 einen Umsatz von CHF 1.0 Mia. Damit liegt der Umsatz um 16 Prozent unter der Vorjahresperiode (H1 2022: CHF 1.3 Mia.). Der Umsatzrückgang ist im Wesentlichen auf die eingangs erwähnten saisonalen Effekte sowie negativen Währungseffekte zurückzuführen.

Segment «Service & Components»

Der Auftragseingang im Segment «Service & Components» liegt im ersten Halbjahr 2023 bei CHF 1.1 Mia. und erreicht damit erneut den hohen Vorjahreswert (H1 2022: CHF 1.1 Mia.). Der Auftragsbestand steigt im strategisch wichtigen Service-Geschäft um 18 Prozent auf CHF 5.6 Mia. gegenüber dem Bestand per Ende 2022 von CHF 4.8 Mia. Die Umsätze im Segment «Service & Components» steigen um 5 Prozent auf CHF 214.6 Mio. gegenüber der Vorjahresperiode (H1 2022: CHF 204.2 Mio.).

Segment «Signalling»

Im ersten Halbjahr 2023 konnte im Segment «Signalling» ein Auftragseingang von CHF 37.0 Mio. verbucht werden gegenüber CHF 15.7 Mio. im ersten Halbjahr 2022. Der Auftragsbestand steigt auf CHF 188.6 Mio. von CHF 170.1 Mio. am Jahresende 2022. Das Berichtssegment «Signalling» erwirtschaftete im ersten Halbjahr 2023 Umsätze von CHF 26.4 Mio. gegenüber CHF 14.6 Mio. im ersten Halbjahr 2022.

Wichtigste Auftragseingänge

Stadler konnte im ersten Halbjahr 2023 wichtige Aufträge in allen Produktsegmenten verbuchen. Zu Jahresbeginn finalisierten Stadler und die Kasachischen Eisenbahnen (KTZ) einen langfristigen Vertrag über die Lieferung von 537 Schlaf- und Liegewagen. Der Vertrag im Wert von EUR 2.3 Mia. umfasst auch die Instandhaltung der Schlaf- und Liegewagen über einen Zeitraum von 20 Jahren. Im März erfolgte der Zuschlag des Bahnbetreibers Norske tog über 17 FLIRT für den Einsatz im norwegischen Fernverkehr. Der Vertrag umfasst auch die Option über bis zu 66 weitere Fahrzeuge. Erstmals erfolgte zudem ein Auftrag aus Litauen: Der Bahnbetreiber LTG Link beschafft 15 Triebzüge vom Typ FLIRT mit einer Option auf bis zu 39 weitere Fahrzeuge. Weiter bestellten die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) erneut 35 Doppelstockzüge vom Typ KISS. Die Bestellung erfolgt im Rahmen des 2022 unterzeichneten Rahmenvertrages über 186 Fahrzeuge. Insgesamt haben die ÖBB bisher 76 Züge abgerufen.

FLIRTNEX Norske Tog aussen Visualisierung_Stadler_2 23
Visualisierung des FLIRTNEX von Stadler für Norske Tog (Norwegen). / Quelle: Stadler
Visualisierung des elektrischen Stadler-FLIRT (EMU) für LTG Link (Litauen). / Quelle: Stadler

Im Bereich Strassenbahnen unterzeichneten Stadler und der italienische Betreiber Azienda Trasporti Milanesi S.p.A (ATM) einen weiteren Rahmenvertrag über bis zu 50 Strassenbahnen vom Typ TRAMLINK. In einem ersten Abruf liefert Stadler 14 Strassenbahnen für die Metropole Mailand. Zudem erfolgte eine Bestellung über 16 TRAMLINK des spanischen Betreibers Ferrocarrils de la Generalitat Valenciana (FGV) für die Städte Alicante und Valencia. Der Vertrag beinhaltet auch eine Option über bis zu zwölf weitere Fahrzeuge.

Die Visualisierung zeigt den Stadler-TRAMLINK für ATM (Mailand). / Quelle: Stadler
Visualisierung des Stadler-TRAMLINK für die Ferrocarrils de la Generalitat Valenciana (FGV) in Spanien. / Quelle: Stadler

Im Bereich Lokomotiven erhielt Stadler von Trenitalia den Zuschlag über einen Rahmenvertrag für bis zu 50 Lokomotiven des Typs EUROLIGHT. Der italienische Bahnbetreiber bestellte in einem ersten Abruf 13 bimodale Lokomotiven. Der Vertrag umfasst auch die Instandhaltung der Fahrzeuge über einen Zeitraum von 10 Jahren.

Visualisierung der EUROLIGHT Dual von Stadler. / Quelle: Stadler

Ausblick 2023 und mittelfristige Finanzziele

Aufgrund der weiterhin soliden Nachfrage erwartet Stadler für das aktuelle Geschäftsjahr einen Auftragseingang im Rahmen der mittelfristigen Finanzziele bei einer Book-to-bill Ratio von ca. 1.5x. Unter der Annahme, dass sich die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die geopolitischen Spannungen stabil entwickeln werden, erwartet Stadler für das Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz zwischen CHF 3.7 und 4.0 Mia., eine EBIT-Marge auf einem mit dem Geschäftsjahr 2022 vergleichbaren Niveau sowie einen positiven Free Cash Flow. Als Folge des hohen Auftragseingangs hat sich im Rahmen der Kapazitätsplanung gezeigt, dass zusätzlicher Investitionsbedarf in den Komponenten- und Endmontagewerken besteht, um den rekordhohen Auftragsbestand abzuarbeiten und zukünftige potentielle Engpässe zu vermeiden. So wurde beispielsweise mit dem Erwerb eines angrenzenden Grundstücks in St. Margrethen bereits eine flexible Möglichkeit für potenzielle zukünftige Kapazitätserweiterungen geschaffen. Vor diesem Hintergrund erwartet Stadler für das laufende Geschäftsjahr Investitionen von über CHF 200 Mio. (bisher: rund CHF 200 Mio.).

Stadler ist nach wie vor überzeugt, dass unter normalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine EBIT-Marge von 8 bis 9 Prozent erreicht werden kann. Angesichts der aktuellen Kombination aus Inflation, Lieferkettenproblemen, Währungsverwerfungen und geopolitischen Spannungen erachtet Stadler hingegen im Geschäftsjahr 2025 eine EBIT-Marge von 7 bis 8 Prozent als realistisch. An der Dividendenpolitik mit einer Ausschüttung von rund 60 Prozent des Konzernergebnisses hält Stadler weiterhin fest.

Bis 2025 geht Stadler von einer durchschnittlichen Book-to-bill Ratio von 1.5x und einem durchschnittlichen Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich aus. Mittelfristig erwartet Stadler Investitionen (Capital Expenditures) von rund CHF 120 bis 150 Mio. Mit Schwankungen über den Zyklus hinweg erwartet Stadler ein Net Working Capital im Bereich von null.


Die Worbla-Züge 15 und 16 für den RBS im März 2024 in der Fertigung in Bussnang:


Die U-Bahnzüge für Glasgow haben im Dezember 2023 den kommerziellen Betrieb aufgenommen:


Links


Beiträge abonnieren

Erhalten Sie neue Beiträge direkt per Mail.

Meinung

Eigene Meinung zum Thema?

Jetzt kommentieren

2 Kommentare

  1. Ichvfrage mich in letzter Zeit ob bahnonline.ch von Stadler betrieben oder bezahlt wird. Da man fast nur News von Stadler hier lesen kann. Es gibt jedoch viel mehr Hersteller als nur Stadler. Ein bisschen weniger parteiische Berichterstattung wäre wünschenswert. Oder schreibt hin was Paidposts sind weil so geht die Bahnwelt in der Schweiz immer mehr zugrunde.

KOMMENTAR SCHREIBENAntwort abbrechen

Die mobile Version verlassen