Veloselbstverlad: Die SBB will kundenfreundlicheres Angebot [aktualisiert]

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 24. November 2020 veröffentlicht.

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Velo Stellplatz Giruno_Christian Beutl
Velo-Stellplätze in einem Giruno der SBB. / Quelle: Christian Beutl

Die SBB hat den Velo-Interessenvertretern ein kundenfreundlicheres Angebot beim Veloselbstverlad in Aussicht gestellt. Die Massnahmen für 2021 zielen darauf ab, Engpässe wie im Sommer 2020 zu vermeiden, auch aus Sicherheitsgründen. Zudem soll wo möglich die Kapazität schrittweise erhöht werden.

  • Die starke Zunahme der Nachfrage hat im vergangenen Sommer in Spitzenzeiten zu Engpässen beim Veloselbstverlad geführt. Die SBB hat den Ansturm und die stark gestiegene Nachfrage in den Sommermonaten unterschätzt.
  • Die Folge davon waren Kapazitätsengpässe und teilweise unzufriedene Kunden. So wurden im Spitzenmonat Juli 2020 rund 80’000 Velotageskarten verkauft, was einer Zunahme von rund 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die SBB hat auf den Hauptachsen Zürich – Chur und Bern – Brig bis zu 15’000 Velos im Selbstverlad transportiert.

Treffen mit Velo-Interessenvertretern

  • Die SBB hat sich deshalb Anfang November 2020 mit Velo-Interessenvertretern zu einem Austausch rund um die Mobilität mit Velos getroffen. Die SBB bleibt im Dialog mit ihnen und hat zusammen mit der ÖV-Branche das Ziel, die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden besser zu erfassen und gemeinsame Lösungen für ein kundenfreundlicheres Angebot zu erarbeiten.
  • Der SBB ist es wichtig, auf die Bedürfnisse aller Reisenden einzugehen, auch auf diejenigen der Velofahrer einzugehen. Jedoch können die Kapazitäten für Velos nicht beliebig ausgebaut werden, dies ginge zu Lasten des Sitzplatzangebots. In Prüfung sind Konzepte für einen Kapazitätsausbau von Velotransporten.

Planungssicherheit für Kunden und mehr Velotransporte

  • Für 2021 geht es darum, Engpässe wie in diesem Sommer zu vermeiden. Das ist auch eine Frage der Sicherheit. So wird ab Frühling 2021 die SBB auf allen IC/EC-Linien Velos nur noch nach vorgängiger Reservation transportieren. Diese Reservationspflicht gibt den Reisenden Planungssicherheit und garantiert die Velomitnahme.
  • Dies ist bereits heute auf einigen Fernverkehrslinien der Fall – zum Beispiel auf der Nord-Süd-Achse am Gotthard. Eine Buchung kann bis kurz vor Abfahrt auf SBB Mobile getätigt werden.
  • Die SBB ist derzeit daran, die technischen und finanziellen Modalitäten der Umsetzung auszuarbeiten und wird diese wie abgemacht mit den Interessenvertretern im Frühling 2021 besprechen.
  • Auch wird die SBB auf den wichtigsten Verbindungen zusätzliche Veloplätze schaffen. An Spitzentagen sollen die Velokapazitäten auf den Hauptlinien – zum Beispiel ins Wallis oder ins Graubünden – teilweise verdreifacht werden. Dies wird bereits per 2021 angestrebt und hängt von Rollmateriallieferungen ab.
Stellungnahme VCS: Velo-Reservationspflicht ist keine langfristige Lösung
Die SBB weitet neu die Reservationspflicht für Velos auf alle Fernverkehrszüge aus. Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz ist der Ansicht, dass dies – wenn überhaupt – nur eine kurzfristige Übergangslösung sein darf, bis mehr Platz für Velos in den Zügen geschaffen wird. Der öV muss auch im Freizeitverkehr attraktiv sein, dazu gehört mittlerweile, dass Sportgeräte wie Velos und MTBs transportiert werden können. Andernfalls wird sich der Freizeitverkehr immer stärker auf die Strasse verlagern.

Die Verkaufszahlen zeigen: Das Velofahren in der Schweiz boomt. Nicht nur als Transportmittel, sondern auch als Sportgerät in der Freizeit. Besonders das Mountainbiken hat in den vergangen Jahren stark zugenommen. Im vergangenen Corona-Sommer umso mehr. Entsprechend stark ist die Nachfrage nach Velotageskarten gestiegen. Im Juli 2020 wurden 40% mehr verkauft als im Vorjahr.

Anstatt auf die neuen Bedürfnisse und Trends einzugehen, führt die SBB nun eine generelle Reservationspflicht für Velos ein. Dies ist eine neue Hürde im Zugang zu öV und verfolgt das Ziel, dass weniger Menschen das Velo mit in den Zug nehmen. Die Folge davon wird sein, dass Personen eher mit dem Auto zu ihrem Mountainbike-Wochenende anreisen als mit dem öV. Der Modalsplit im Freizeitverkehr liegt heute bei 16% öV gegenüber 65% MIV. Um die Wende hin zu einem klimafreundlichen Verkehr zu schaffen ist es zwingend notwendig, dass der öV im Freizeitbereich attraktiver wird. Mit einer Reservationspflicht für Velos schlägt die SBB die gegenteilige Richtung ein.

Der VCS verlangt, dass prioritär Züge umgebaut und mehr Platz für Velos und andere Sportgeräte in Multifunktionsabteilen geschaffen wird. Die generelle Reservationspflicht darf höchstens befristet gelten, bis die Anpassungen am Rollmaterial vollzogen wurden. In jeden Fall darf sie keine Mehrkosten für die Kundinnen und Kunden zur Folge haben. Der Preis der Velotageskarte muss entsprechend um den Reservationspreis gesenkt werden.
 
Anders Gautschi, Geschäftsführer des VCS, ist überzeugt: «Die SBB muss den neuen Realitäten der Freizeitgestaltung gerecht werden. Andernfalls wird sich der Freizeitverkehr immer stärker aufs Auto verlagern».

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