Verkehr ’45: Bundesrat legt weiteres Vorgehen für Infrastrukturausbau fest

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 8. Oktober 2025 das Gutachten der ETH Zürich zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturen zur Kenntnis genommen. Die unabhängige Analyse zeigt, welche Projekte bis 2045 aus fachlicher Sicht prioritär sind. Zudem hat der Bundesrat das weitere Vorgehen für die Erarbeitung der nächsten Ausbauschritte für Bahn, Strasse und das Programm Agglomerationsverkehr festgelegt. Für den Bahnausbau soll das UVEK eine Variante erarbeiten, die von zusätzlichen finanziellen Mitteln ausgeht.

Bevölkerung und Wirtschaft sind auf eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Der Ausbau ist jedoch mit Herausforderungen konfrontiert: Im Bahnbereich verursachen die bisher geplanten Projekte Mehrkosten von rund 14 Milliarden Franken, sofern der Bund keine Massnahmen ergreift. Im Strassenbereich hat die Bevölkerung den letzten Ausbauschritt an der Urne abgelehnt. Vor diesem Hintergrund hat das UVEK die ETH Zürich mit einer unabhängigen Priorisierung der Ausbauprojekte beauftragt. Verantwortlich für die Arbeiten ist Ulrich Weidmann, Professor für Verkehrssysteme und Vizepräsident der ETH Zürich.

Gutachten der ETH Zürich als Grundlage

An seiner Sitzung vom 8. Oktober 2025 hat der Bundesrat das Gutachten der ETH Zürich zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturen zur Kenntnis genommen. Das Gutachten der ETH Zürich dient als Grundlage für die weiteren Arbeiten. Konkret wird der Bundesrat auf der Basis des Gutachtens den nächsten STEP-Ausbauschritt für Bahn und Strasse sowie das Programm Agglomerationsverkehr festlegen und damit entscheiden, welche Infrastrukturprojekte in den kommenden 20 Jahren bis im Jahr 2045 prioritär zu verwirklichen sind.

Weiteres Vorgehen des Bundesrats

Der Bundesrat hat das weitere Vorgehen wie folgt festgelegt:

  • Das UVEK soll dem Bundesrat bis Ende Januar 2026 die Projekte zum Entscheid vorlegen, die in die Ausbauschritte der Nationalstrasse und der Eisenbahninfrastruktur sowie das Programm Agglomerationsverkehr ab der 5. Generation aufgenommen werden sollen.
  • Für den Ausbau der Bahninfrastruktur soll das UVEK eine Variante erarbeiten, die von zusätzlichen Einnahmen ausgeht. Dies erfordert Massnahmen, wie sie in der Motion KVF-S 25.3953 «Alimentierung und Liquidität Bahninfrastrukturfonds sicherstellen» zur Debatte gestellt werden, wobei der Bundesrat nur Massnahmen berücksichtigen möchte, die nicht im Widerspruch zum Entlastungspaket 27 und zur Schuldenbremse stehen. Im Strassenbereich und für das Programm Agglomerationsverkehr wird von den bestehenden finanziellen Rahmenbedingungen ausgegangen.
  • Die Ausbauschritte für die Nationalstrasse und die Eisenbahninfrastruktur sowie die Beiträge an Massnahmen im Rahmen des Programms Agglomerationsverkehr werden in einer Vernehmlassungsvorlage gebündelt. Mit der Bündelung soll die gesamtheitliche und verkehrsträgerübergreifende Planung bei den kommenden Ausbauschritten deutlich gemacht werden. Gegen die Bundesbeschlüsse über den Nationalstrassen- und den Bahninfrastrukturausbau wird wie bisher separat ein Referendum vorgesehen.
  • An der bisherigen Vorgehensweise eines gestaffelten Ausbaus wird festgehalten, soweit dies inhaltlich sinnvoll ist. In der Vernehmlassungsvorlage wird der Bundesrat folglich einen Ausbauschritt 2027 für die Strasse, die Bahn und die Beiträge an das Programm Agglomerationsverkehr beantragen. Gleichzeitig wird der Bundesrat einen Ausblick auf die weiteren Ausbauschritte 2031 und 2035 geben.

Mit der Priorisierung durch die ETH Zürich und der anschliessenden politischen Entscheidung durch den Bundesrat soll eine geordnete, finanzierbare und gesamtheitlich abgestimmte Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur bis 2045 sichergestellt werden.

Das UVEK hat den Auftrag, dem Bundesrat die Vernehmlassungsvorlage bis Ende Juni 2026 vorzulegen.

Bahn- und Agglo-Projekte der Priorität 1: Priorität 2025 – 2045 hoch

Stellungnahme VöV und LITRA: Finanzierungsvorlage für den Bahninfrastrukturfonds vom Bundesrat gefordert
Heute stellte ETH-Professor Ulrich Weidmann sein Gutachten zur Überprüfung und Priorisierung der Ausbauprojekte für Schiene und Strasse vor. Eine kundengerechte Weiterentwicklung des ÖV-Angebots ist wichtig und richtig. Dies ist jedoch nur mit einer genügenden Alimentierung des Bahninfrastrukturfonds (BIF) möglich. VöV und LITRA fordern deshalb vom Bundesrat die Erarbeitung einer Vorlage zur nachhaltigen Alimentierung des BIF, damit dieser auch in Zukunft über genügend Mittel für Unterhalt und Ausbau verfügt.

Der Bericht Weidmann wurde heute den Medien vorgestellt. Der VöV und die LITRA begrüssen die Auslegeordnung über die zukünftigen Ausbauprojekte. Insbesondere ist es wertvoll, nun über eine qualifizierte Aussensicht von einem Verkehrssystem-Experten zu verfügen.

Die ÖV-Branche wird die Ergebnisse des Berichts, namentlich die Priorisierung der einzelnen Ausbauprojekte, sorgfältig analysieren und beurteilen, damit sie vor allem auch einen Gesamtnutzen erbringen. Im Vordergrund muss das künftige Fahrplanangebot stehen, und nicht einzelne Bauprojekte. Klar ist bereits heute, dass es auch künftig einen Ausbau des Schienennetzes braucht. «Der wachsende Mobilitätsbedarf der Schweiz fordert einen kundenorientierten Ausbau der Schieneninfrastruktur», sagt VöV-Direktor Ueli Stückelberger. Das durch den Bund gesteckte Ziel, den Anteil des öV am Gesamtverkehr zu steigern, lasse sich nur so erreichen. Damit auch künftig die notwendigen Mittel für einen gebührenden Unterhalt der Bahninfrastruktur sowie eine kundengerechte Weiterentwicklung des ÖV-Angebots überhaupt möglich sind, braucht es eine genügende Alimentierung des Bahninfrastrukturfonds (BIF).

LITRA und VöV verlangen vom Bund nachhaltige Lösung für Finanzierung der Bahninfrastruktur

Der BIF steht jedoch vor finanziellen Herausforderungen. Einerseits will der Bundesrat im Rahmen des «Entlastungspakets 27» die Einlage in den BIF um mehrere Hundert Millionen Franken kürzen. Andererseits droht mit dem nur bis 2030 befristeten Promille-Beitrag der Mehrwertsteuer ein weiterer Teil der aktuellen BIF-Finanzierung wegzufallen. Damit würde ein Loch im BIF entstehen. «Die Schweiz braucht eine gut unterhaltene und zukunftsfähige Schieneninfrastruktur und deshalb eine nachhaltige Finanzierungslösung», sagt LITRA-Geschäftsführer Michael Bützer. VöV und LITRA erwarten deshalb vom Bund, dass dieser prioritär eine Finanzierungsvorlage erarbeitet und diese dem Parlament und letztendlich dem Volk zur Abstimmung unterbreitet. Ohne eine solche Finanzierungsvorlage wird die Diskussion um einzelne Ausbauprojekte obsolet.
Stellungnahme SEV: Kürzungen im «Entlastungspaket 2027» überdenken
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV begrüsst, dass der Bundesrat gestützt auf das publizierte Gutachten zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur von Prof. Ulrich Weidmann der ETH Zürich das Uvek beauftragen will, eine Variante zu erarbeiten, die von zusätzlichen finanziellen Mitteln ausgeht. Hingegen muss der Bundesrat logischerweise auch die im «Entlastungspaket 2027» geplanten Kürzungen beim Bahninfrastrukturfonds überdenken.

«Dass der Bundesrat weiterhin die im EPA 27 geplanten Kürzungen beim Infrastrukturausbau vornehmen will, obwohl der Bericht Weidmann aufzeigt, dass zusätzliche Mittel für den Bahnausbau Sinn machen und nötig sind, ist für den SEV ein Widerspruch», sagt Simon Burgunder, Koordinator Politik beim SEV.
«Der Bundesrat muss diese Kürzungen nun überdenken und – falls er daran festhalten will – aufzeigen, wie er die zusätzlichen Mittel beschaffen will, mit denen das Uvek planen soll.»

Genügend Mittel für Personal vorsehen

«Der SEV möchte dem Bundesrat auch in Erinnerung rufen, dass nicht nur für Beton und Stahl genügend Mittel vorzusehen sind – also für die Bauprojekte an sich, sondern auch für genügend und gut ausgebildetes Personal für den Unterhalt und Betrieb der Infrastruktur wie auch für die Erbringung des Bahnangebots», ergänzt Simon Burgunder.

Sprich: genügend Fahrleitungsmonteure, Sicherheitsanlagen-Techniker, Gleisbauer, B100-Lokführende, Zugverkehrsleiter in den Betriebszentralen usw. bei SBB Infrastruktur, BLS Infrastruktur und den anderen Infrastruktur-Betreibern. Aber auch genügend Lok-, Kundenbegleit-, Rangier-, Reinigungs-, Schalter-, Interventions- und sonstiges Betriebspersonal, Personal im Rollmaterialunterhalt, im «Back Office» für Kundendienst- und -information, Personaldisposition, Bewältigung von Informatikpannen, Planung usw. Aber auch genügend Transportpolizist – denn wenn sich die Leute in den Zügen und Bahnhöfen nicht sicher fühlen und darum den öV nicht benützen, nützt auch der Bahnausbau nichts.

Nötig sind auch genügend Mittel für attraktive Anstellungs- und Arbeitsbedingungen, weil sonst die Infrastruktur- und Bahnunternehmen angesichts des aktuellen und zu erwartenden künftigen Fachkräftemangels nicht genügend Mitarbeitende rekrutieren und zum Bleiben motivieren können.

Nein zu den Kürzungen beim regionalen Personenverkehr

Die im EPA 27 geplanten Kürzungen beim regionalen Personenverkehr aber würden die Verkehrsunternehmen nötigen, beim Personal zu sparen, was entsprechende negative Auswirkungen nicht nur für das Personal und seine Arbeitsbedingungen hätte, sondern auch auf die Qualität des RPV. Deshalb fordert der SEV, auf diese Kürzungen ebenfalls zu verzichten.
Stellungnahme IGöV Schweiz: Bahninfrastrukturfonds um 10 Milliarden aufzustocken und Bahnknoten Basel zu priorisieren
Das Gutachten «Verkehr 2045» der ETH Zürich liefert eine fundierte strategische Priorisierung der Bauprojekte auf Strasse, Schiene und in der Agglomeration. Die IGöV begrüsst die Priorisierung der Projekte in der Westschweiz. Sie kritisiert, dass der erforderliche Ausbau des Bahnknotens Basel vernachlässigt wird. Um die priorisierten Projekte rasch umzusetzen, ist der Bahninfrastrukturfonds (BIF) um 10 Mia. CHF aufzustocken.

Das Gutachten «Verkehr 2045» zeigt klar auf, dass im Zeitraum 2025-2045 der Bahninfrastrukturfonds (BIF) um 10 Mia. auf 24 Mia. CHF aufgestockt werden muss. Nur mit einer solchen Aufstockung sind insbesondere die Ausbauten in der Westschweiz, bei den Bahnknoten Basel und Luzern möglich. Diese sind insbesondere dringend erforderlich, um das Angebot beim Personenfernverkehr und im internationalen Personenverkehr sowohl in West-Ost- als auch in Nord-Süd-Richtung auszubauen, damit die erhoffte Nachfragesteigerung auf der Bahn bewältigt werden kann. Angesichts der notwendigen Aufstockung des BIF fordert die IGöV, dass auf die im Entlastungspaket vorgesehenen Kürzungen der Bundesbeiträge um 200 Mio. CHF/Jahr in den BIF und 100 Mio. CHF/Jahr in den Nationalstrassen und Agglomerationsfonds (NAF) zu verzichten ist.

Erste Etappen der neuen Doppelspur Lausanne-Genf und Tiefbahnhof Genève Cornavin sind prioritär, aber nur mit Variante 24 Mia. CHF umsetzbar

Die IGöV begrüsst, dass die ETH-Studie den Bedarf an Kapazitätsausbau und Fahrzeitverkürzung zwischen Lausanne und Genf sowie zwischen Bern und Lausanne anerkennt. Gemäss dem Gutachten können die Massnahmen nur zeitgerecht umgesetzt werden, wenn der BIF um 10 Mia. CHF aufgestockt wird.

Bahnknoten Basel wird vernachlässigt

Die IGöV Schweiz kritisiert, dass das Projekt Tiefbahnhof Basel im Gutachten eine tiefe Priorität erhält und auf der Zeitachse weit nach hinten geschoben wird. Eine Kapazitätserhöhung des heute überlasteten Bahnknotens Basel ist für den nationalen Fernverkehr und den internationalen Personenverkehr auf der Nord-Süd-Achse unabdingbar und muss sofort angegangen werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass das Projekt Basis für den Ausbau der S-Bahn im drittgrössten Wirtschaftsraum der Schweiz ist.

Priorisierung Durchgangsbahnhof Luzern ist zu begrüssen
 
Die IGöV begrüsst weiter die hohe Priorisierung des Durchgangsbahnhofs Luzern durch das Gutachten. Dieses Projekt stellt wie der Tiefbahnhof Basel einen unabdingbaren Bestandteil einer leistungsfähigen Nord-Süd-Achse im Personenverkehr dar.
 
Insgesamt ist eine kundenorientierte Weiterentwicklung des ÖV nur mit einer genügenden Alimentierung des BIF möglich. Der wachsende Mobilitätsbedarf der Schweiz erfordert einen kundenorientierten Ausbau der Schieneninfrastruktur. Die IGöV verlangt vom Bund eine nachhaltige Lösung für die Finanzierung der Bahninfrastruktur, um das Ziel einer Steigerung des ÖV-Anteils am Gesamtverkehr zu erreichen.
Stellungnahme Pro Bahn Schweiz:
Prof. Weidmann hat in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit aus Sicht von Pro Bahn ein grundsätzlich schlüssiges Konzept zur Priorisierung der Bahnprojekte vorgelegt. Dieses Konzept bildet die Grundlage für die bevorstehende politische Diskussion, in der es weiter verfeinert und letztlich beschlossen werden muss.

Zentrale Punkte Pro Bahn

Pro Bahn hebt einige wesentliche Aspekte hervor, die für die Umsetzung und Weiterentwicklung des Konzepts besonders relevant sind:

Überbuchung des Bahninfrastrukturfonds (BIF)

Der Bahninfrastrukturfonds (BIF) ist nach Aussage von Prof. Weidmann um den Faktor 3-4 überbucht. Ursache hierfür sind u.E. die umfangreichen und oftmals überzogenen Projektanmeldungen der Kantone. Da der Bund sämtliche Investitionen sowie alle Folgekosten der Infrastruktur (wie Kapital, Unterhalt und Betrieb) übernimmt, haben die Kantone keinerlei finanzielle Beteiligung und können Projekte anmelden, ohne selbst Kosten zu tragen. Dies begünstigt ein «Wunschkonzert».

Vergleich mit dem Agglofonds

Im Gegensatz dazu müssen sich die Kantone an den Kosten der Projekte des Agglofonds beteiligen. Hier reichen die Mittel aus, weil die finanzielle Mitverantwortung der Kantone zu einer realistischeren und bedarfsgerechteren Projektplanung führt.

Nachhaltigkeit der Untersuchung

Pro Bahn befürchtet, dass die Untersuchung von Prof. Weidmann keine nachhaltigen Veränderungen bewirkt, da die Kantone einer echten Priorisierung der Ausbauten vermutlich kaum zustimmen werden. Es besteht die Gefahr, dass die Liste der Wünsche schon bald wieder so umfangreich ist wie zuvor. Dies könnte dazu führen, dass Investitionen nicht dort erfolgen, wo sie den grössten Nutzen bringen, sondern vor allem dort, wo das stärkste Lobbying betrieben wird.

Kostenteilung bei regionalen Projekten

Pro Bahn fordert, dass die Kantone – analog zum Agglofonds – verpflichtet werden, sich an den Kosten der Infrastrukturausbauten zu beteiligen.

Zwei Varianten für Finanzrahmen

Für die Periode 2025-45 gab das UVEK für die Bahn eine Variante mit 14 und eine mit 24 Milliarden Franken vor. Pro Bahn fordert, dass die Variante mit 24 Milliarden Franken gewählt wird. Nur so können die wichtigsten Projekte realisiert werden.

Schlüssiges Konzept für die Ost-West-Achse

Wie Prof. Weidmann in der Pressekonferenz betonte, ist es dringend erforderlich, ein schlüssiges Konzept für die Ost-West-Achse auszuarbeiten. Die Angebote der verschiedenen Regionen sind eng mit dieser Achse verknüpft und hängen von deren Ausbau ab.

Forderung nach einem gesamtschweizerischen Ausbaukonzept

Pro Bahn weist seit langem darauf hin, dass ein durchdachtes, gesamtschweizerisches Bahnausbau-Konzept notwendig ist, das die Konkurrenzfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse und dem Flugverkehr stärkt. Nur so kann ein echter Beitrag zum Klima und auch zur Raumplanung geleistet werden. Ein solches Konzept sollte die Potenziale und Prioritäten für das gesamte Land klar aufzeigen – sowohl für den internationalen und den Fernverkehr als auch für den Regional- und Güterverkehr. Nur so können auch die regionalen Projekte bezüglich Anschlüsse, Verbindungen zwischen den Regionen und den erforderlichen Kapazitäten gesamtschweizerisch koordiniert geplant werden. Dieses gesamtschweizerische Konzept ist zusammen mit der Botschaft für Verkehr45 vorzulegen.
Stellungnahme Handelskammer beider Basel: Bahnausbau in Basel: Ohne geht es nicht!
Die Studie «Verkehr ‘45» der ETH Zürich stuft den Bau des Rheintunnels als prioritär ein. Dem Tiefbahnhof Basel SBB und dem Herzstück werden jedoch keine zeitliche Priorität eingeräumt. Die Regierungen der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt sowie die Handelskammer beider Basel fordern, dass der Bund beiden Verkehrsträgern in der Region Basel den angemessenen Stellenwert beimisst. Da die Schienen und Strassen gleichermassen übermässig belastet sind, droht die Region ansonsten weiterhin ein Flaschenhals zu bleiben, statt das Tor zur Schweiz zu sein.

Die Regierungen Basel-Landschaft und Basel-Stadt sowie die Handelskammer beider Basel setzen sich gemeinsam für effiziente und zukunftsfähige Verkehrsinfrastrukturen ein – für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Aufgrund ihrer geographischen Lage haben die Verkehrsinfrastrukturen der Region Basel für Personen und Güter einen hohen nationalen und internationalen Stellenwert. Damit die Region das Tor zur Schweiz bleibt und nicht zum Flaschenhals wird, muss die Infrastruktur zwingend ausgebaut werden.

Inakzeptabel: Studie räumt Schienenverkehr keine Priorität ein

Die beiden Kantone und die Handelskammer beider Basel sind deshalb mit der Beurteilung der im Auftrag des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) erarbeiteten Studie «Verkehr ’45» nicht einverstanden. Die Region kann nicht akzeptieren, dass der Ausbau des stark überlasteten Bahnsystems keine Priorität hat. 

Basler Nadelöhr im Schienenverkehr trifft die ganze Schweiz

Der Nachholbedarf beim Ausbau der Bahninfrastruktur ist bereits heute beträchtlich. Werden die Planungen zum Kapazitätsausbau Knoten Basel, welche das Parlament 2019 in Auftrag gegeben hat und noch laufen, nicht nahtlos weitergeführt und prioritär umgesetzt, läuft der Bund in ein massives, kaum mehr aufzuholendes Infrastrukturdefizit in der Region Basel. Dieses würde nicht nur den Wirtschaftsraum Basel schwächen, sondern auch die Anbindung der Schweiz an das europäische Schienennetz infrage stellen und die Landesversorgung gefährden. Darunter würde die gesamte Schweiz leiden. «Die Studie kommt wie erwartet zum Schluss, dass der Bahnausbau in Basel für die ganze Schweiz zentral ist. Es ist daher unverständlich, dass die Studie dem Tiefbahnhof und dem Herzstück keine zeitliche Priorität einräumt. Das ist inakzeptabel und muss auf politischem Weg korrigiert werden», erläutert Regierungsrätin Esther Keller, Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements Basel-Stadt. «Trotz der unbestrittenen Bedeutung des Bahnknotens Basel für die wirtschaftliche Prosperität der Schweiz, bietet die Studie keine Perspektive für dessen dringenden Ausbau», ergänzt Handelskammer-Direktor Martin Dätwyler. 

Forderung nach forciertem Ausbau der Bahninfrastrukturen

«Gemeinsam setzen wir uns jetzt erst recht mit aller Kraft dafür ein, dass der Tiefbahnhof Basel SBB und der Viertelstundentakt ins Fricktal in die kommende Botschaft 2026 des Bundes aufgenommen werden», erklärt Regierungsrat Isaac Reber, Vorsteher der Bau- und Umweltschutzdirektion Basel-Landschaft. «Wir fordern weiterhin mit Nachdruck, dass mit der Botschaft 2026 des Bundes auch bahnseitig die notwendigen Infrastruktur-Voraussetzungen geschaffen werden, den stetig steigenden Personen- und Warenverkehr in der Region Basel und auf der Nord-Südachse aufzunehmen. Sonst wird hier aus dem Tor der Schweiz definitiv der Flaschenhals der Schweiz», bekräftigt Reber.

Studie kommt zum Schluss: Rheintunnel bringt nötige Entlastung auf der Strasse

«Es ist erfreulich, dass die Studie «Verkehr ‘45» zumindest dem Rheintunnel Priorität einräumt», sagt Martin Dätwyler. «Die Beseitigung der Engpässe auf der stauüberlasteten A2 ist für die Wirtschaft in unserer Region sehr wichtig. Denn Staustunden kosten unsere Unternehmen viel Geld». Und weiter: «Die Region Basel wird zunehmend unerreichbar, was fatal für einen starken Wirtschaftsstandort ist». Auch Reber ist überzeugt, dass die Engpassbeseitigung eine zukunftsfähige Verkehrslösung ist: «Die Gesamtkapazität des Netzes wird so nicht erhöht, aber weniger Stau und eine effiziente Verkehrsführung bringen Muttenz und Birsfelden sowie den Quartieren Gellert, Breite und dem Kleinbasel die dringend nötige Entlastung. Das erhöht die Lebensqualität der Anwohnenden.»

Aus Sicht der Region sind flankierende Massnahmen jedoch unabdingbar, damit der Rheintunnel trotz der verlorenen eidgenössischen Volkabstimmung vom November 2024 realisiert werden kann. «Zurzeit prüfen wir, welche Massnahmen sinnvoll sind, um die Anwohnenden und die Quartiere zu entlasten», erläutert Dätwyler. «Die Handelskammer erwägt demnächst mit Partnern eine Standesinitiative im Landrat und im Grossen Rat, mit der einerseits dieses «Plus» beim Rheintunnel und andererseits der etappierte Ausbau des Bahnknotens Basel von der Bundespolitik eingefordert wird. Einzelne Abschnitte wie der Tiefbahnhof müssen rasch realisiert werden können. Basel braucht Bewegung – auf der Strasse und der Schiene».

Einziger Metropolitanraum ohne S-Bahn-System darf nicht sein

Die trinationale Region Basel ist ein florierender Wirtschafts- und Lebensraum, der aufgrund seiner hohen Wertschöpfung und Exportleistung von grosser Bedeutung für die Schweiz ist. Dennoch verfügt Basel als einziger Metropolitanraum der Schweiz über kein leistungsfähiges S-Bahn-System. Ausserdem ist das Nationalstrassennetz überlastet und wichtige Wirtschafts- und Entwicklungsareale sind verkehrlich ungenügend erschlossen. Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie die Handelskammer beider Basel als Vertreterin der regionalen Wirtschaft fordern deshalb den Bund auf, verlässlich und entschlossen in diese Region zu investieren. Für den Standort Basel und damit für die ganze Schweiz
trireno: S-Bahn-Angebot auf Jahrzehnte einfrieren? inakzeptabel.
Ab 2030 kein Angebotsausbau mehr auf den Schweizer Streckenabschnitten

Das Gutachten «Verkehr 2045» der ETH Zürich empfiehlt dem Schweizer Bund, das Ausbauprogramm von SBB und DB zum Bahnknoten Basel erst nach 2045 wieder in Angriff zu nehmen. Das Gutachten bestätigt jedoch auch, dass der aufgestaute Ausbaubedarf in Basel ausserordentlich hoch und in der Planung und Umsetzung komplex ist. Folglich würde eine Sistierung bis 2045 bedeuten, dass ab 2030 während Jahrzehnten kein weiterer Angebotsausbau mehr möglich wäre, obwohl der Bedarf dafür weiterhin ansteigt. trireno fordert daher die nahtlose Fortführung des etappierten Infrastruktur- und Angebotsausbaus im Raum Basel.

Der heutige Betrieb der trinationalen S-Bahn Basel basiert im Wesentlichen auf historisch gewachsenen Infrastrukturen aus dem 19. Jahrhundert, welche im Laufe der Zeit punktuell ausgebaut wurden. Da die Kapazität der Schienenstrecken weitgehend erschöpft ist, befinden sich weitere Ausbauten auf den deutschen, französischen und schweizerischen Teilnetzen im Bau oder in Planung. Im trinationalen Raum ist es dabei zwingend, dass die verschiedenen Vorhaben aufeinander abgestimmt werden. In verschiedenen Gremien und Projektorganisationen unterstützt trireno diese Koordination zwischen Behörden, Infrastrukturbetreibern und Transportunternehmen aus den drei Ländern.

Das Gutachten der ETH Zürich «Verkehr 2045» berücksichtigt diese Aspekte nicht. Während die Kapazität auf allen drei deutschen Bahnstrecken, die nach auf Basel führen – Rheintalbahn, Wiesentalbahn und Hochrheinbahn –, in den nächsten 20 Jahren deutlich ausgebaut wird, empfiehlt das Gutachten für den Knoten Basel, die Kapazität des Knotens auf Schweizer Seite erst nach 2045 zu steigern. In diesem Fall stünde der ausgebaute Bahnknoten erst deutlich später als 2045 bereit.

Ein grosser Angebotsausbau in Deutschland – und bestenfalls Stillstand in der Schweiz und nach Frankreich

Schon heute müssen viele Züge aus Deutschland aufgrund des Kapazitätsengpasses in Basel SBB bereits am Badischen Bahnhof (Basel Bad Bf) enden. Mit dem fortschreitenden Infrastruktur- und Angebotsausbau auf den deutschen Strecken – und ohne Ausbau des Knotens Basel – würde sich dieser Bruch weiter akzentuieren: Die Mehrheit des Regionalverkehrs aus Deutschland – Regionalexpresse aus Karlsruhe und St.Gallen–Konstanz ebenso wie S-Bahnen aus Freiburg, Lörrach und Waldshut – müssen in Basel Bad Bf enden. Auf dem Schweizer Teilnetz und in Richtung Frankreich würde ab etwa 2030 über Jahrzehnte hinweg jeglicher Angebotsausbau an der ausgeschöpften Kapazität scheitern. Schlimmer noch: Aufgrund des zunehmenden Fern- und Güterverkehrs aus Deutschland und aus Frankreich ist in der Schweiz sogar mit einem Angebotsabbau der S-Bahn zu rechnen.

Lange Realisierungsdauer unterstreicht die Notwendigkeit, die Infrastrukturprojekte rasch anzugehen
Eine langfristige Limitierung des S-Bahn-Angebots auf dem Schweizer Netz wäre nicht nur schlecht zu vereinbaren mit der weiterhin steigenden Verkehrsnachfrage im Agglomerationsverkehr, sondern stünde auch in klarem Widerspruch zum Verlagerungsziel auf die Schiene. Zudem würde sie die geordnete Raum- und Wirtschaftsentwicklung der trinationalen Agglomeration Basel, einer der grössten Metropolitanräume der Schweiz, massgeblich behindern. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität werden die Bahnausbauten in Basel Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Dies verstärkt die Dringlichkeit, sie zeitnah anzugehen.

Aus diesen Gründen fordert trireno die nahtlose, etappierte Weiterführung des Bahnausbaus auf Basis der 2025 abgeschlossenen Vorstudie von SBB und DB zum Kapazitätsausbau Knoten Basel. Im kommenden Ausbauschritt soll zunächst eine erste Etappe beschlossen werden, welche den Tiefbahnhof Basel SBB mit dem Ertüchtigungspaket Fricktal (Viertelstundentakt S-Bahn Rheinfelden – Basel SBB) umfasst. Mit dieser ersten Etappe kann der Erhalt der heutigen Angebote gesichert sowie eine Weiterführung neuer Angebote aus Deutschland zunächst bis Basel SBB gewährleistet werden.

Schweizer Kapazitätsbewirtschaftung führt mittelfristig zu einem erzwungenen Angebotsabbau bei der S-Bahn

Zur Sicherung der Kapazitäten des Regional-, Fern und Güterverkehrs auf dem Schweizer Schienennetz führt der Bund ein übergeordnetes Netznutzungskonzept und daraus abgeleitete, jährliche Netznutzungspläne. Steht der Verkehr unterschiedlicher Züge kapazitätsbedingt in Konflikt zueinander, entscheidet der NNP, welcher Verkehrsart der Vorzug gegeben wird. Beispielsweise sind im Fricktal (Strecke Pratteln–Stein-Säckingen) zwei Trassen pro Stunde für den Fernverkehr, zwei für die S-Bahn und neun für den Güterverkehr reserviert.

Heute wird dieser Umfang an Gütertrassen jedoch aufgrund von Engpässen ausserhalb Basels noch nicht vollständig beansprucht. Daher können zu Hauptverkehrszeiten zusätzliche S-Bahn-Züge eingesetzt werden – welche für die Bewältigung der bestehenden Nachfrage unverzichtbar sind. Die letzte Möglichkeit, die S-Bahn noch zu entlasten, indem die Fernverkehrszüge zusätzliche Halte in Möhlin und Stein-Säckingen einlegen, wird ab Dezember 2025 ebenfalls ausgeschöpft. Spätestens 2045, wenn die Rheintalbahn Karlsruhe–Basel als NEAT-Zulauf durchgängig vierspurig ausgebaut sein wird, ist davon auszugehen, dass der Güterverkehr seine Kapazitäten im Fricktal vollumfänglich beanspruchen wird und die zusätzlichen S-Bahnen zur Hauptverkehrszeit ersatzlos entfallen müssen. Die notwendige Kapazität für den Agglomerationsverkehr kann erst dann wieder hergestellt werden, wenn der geforderte Infrastrukturausbau realisiert wurde.

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