Trotz grosser Herausforderungen auf dem europäischen Schienennetz konnte Hupac im Jahr 2024 ein positives Gruppenergebnis und im transalpinen Verkehr durch die Schweiz ein nahezu stabiles Transportvolumen ausweisen. Mit konkreten Massnahmen zur Effizienzsteigerung, einer klaren Korridorstrategie und hoher operativer Flexibilität leistet das Unternehmen erneut einen wesentlichen Beitrag zur Verlagerungspolitik der Schweiz.
Die anhaltenden Probleme der Bahninfrastruktur entlang der Nord-Süd-Achse bringen den alpenquerenden Kombinierten Verkehr zunehmend an seine Belastungsgrenze. Ohne rasche und entschlossene verkehrspolitische Massnahmen droht ein massiver Rückschlag beim Modal Shift.
Das Jahr im Überblick
Im Geschäftsjahr 2024 transportierte die Hupac Gruppe rund 949.000 Strassensendungen bzw. 1.818.000 TEU im Kombinierten Verkehr Strasse/Schiene und im maritimen Hinterlandverkehr. Dies entspricht einem Rückgang von 2,6% gegenüber dem Vorjahr.
Im transalpinen Verkehr durch die Schweiz konnte Hupac das Volumen trotz Kapazitätseinschränkungen im Gotthard-Basistunnel nahezu stabil halten (-0,2%). Rückgänge verzeichneten hingegen die alpenquerenden Verkehre über Frankreich und Österreich infolge der Streckensperrung via Modane und Anpassungen im norditalienischen Netzwerk. Der nicht-transalpine Verkehr in West-, Nordost- und Südosteuropa blieb mit -1,2% weitgehend stabil.
Die anhaltende Konjunkturschwäche sowie steigende Energie- und Traktionskosten setzten den Schienengüterverkehr auch 2024 spürbar unter Druck. Zusätzlich verschärften strukturelle Defizite wie unzureichende Infrastrukturinstandhaltung und mangelhafte Baustellenkoordination die Lage auf wichtigen Korridoren. Die Folgen: Verspätungen, Zugausfälle und Kapazitätsengpässe – und ein zunehmend belastetes Marktvertrauen.
Dank gezielter Massnahmen wie der Optimierung der Zugauslastung, dem Fokus auf verkehrsstarke Korridore und dem Einsatz langer, schwerer Züge konnte Hupac den bereits 2023 eingeleiteten Turnaround fortsetzen. Die Stabilisierung der Mengen im alpenquerenden Verkehr durch die Schweiz und die Anpassung der Kapazitäten im maritimen Verkehr ab Deutschland ermöglichten ein positives Gruppenergebnis von CHF 9,4 Mio.
Im Jahr 2024 konnte das Netzwerk der Hupac rund 1,3 Mio. Tonnen CO2 einsparen, den Energieverbrauch um 15,5 Mrd. Megajoule senken und die Strassen um den Transport von 18 Mio. Tonnen Güter entlasten.
Verkehrsverlagerung Schweiz: Negativer Trend im Modal Shift
Ein zentrales Ziel der Hupac-Strategie ist das Wachstum des Kombinierten Verkehrs im Alpentransit durch die Schweiz. Mit 536.000 Strassensendungen bzw. 10,4 Millionen Nettotonnen leistete das Unternehmen auch 2024 einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der nationalen Verlagerungspolitik.
Diese Entwicklung ist jedoch gefährdet. Die stark gestiegene Baustellenaktivität im deutschen Schienennetz – verbunden mit Vollsperrungen sowie unzureichender Planung und Koordination entlang des Korridors – führt zu einer massiven Verschlechterung aller massgeblichen betrieblichen Kennzahlen. Weniger als die Hälfte der transalpinen Züge der Hupac erreichen derzeit ihr Ziel pünktlich. Rund 20 % der Verbindungen müssen infolge externer Einflüsse ganz ausfallen. Häufig sind sowohl Hauptachsen als auch Umleitungsstrecken gleichzeitig von Sperrungen betroffen – wichtige Informationen dazu treffen oft verspätet oder gar nicht bei den Operateuren ein. Zusätzlich beeinträchtigen Vertragsstrafen für ausgefallene Züge die Wirtschaftlichkeit des Kombinierten Verkehrs erheblich.
Die Folgen der anhaltend schwierigen Situation sind deutlich sichtbar: Seit 2022 ist das Volumen des alpenquerenden Kombinierten Verkehrs um 9% zurückgegangen, während der Strassengüterverkehr im gleichen Zeitraum um 4% zulegen konnte. Ohne gezielte Gegenmassnahmen droht ein Rückschritt bei einem der zentralen verkehrspolitischen Ziele der Schweiz. Die vorzeitige Einstellung der Rollenden Landstrasse (Rola) per Ende 2025 steht in direktem Zusammenhang mit der hohen Störungsanfälligkeit der Schieneninfrastruktur.
Politischer Handlungswille erforderlich – linksrheinische Kapazitäten erlauben mehr Verlagerung
Die Verkehrspolitik ist gefordert, der aktuellen Rückverlagerung auf die Strasse entschieden entgegenzuwirken. Im Zentrum stehen Massnahmen zur Stärkung der operativen Leistungsfähigkeit des Schienengüterverkehrs.
Ein entscheidender Hebel ist die finanzielle Beteiligung der Schweiz am Ausbau des linksrheinischen 4-Meter-Korridors Belgien–Metz–Basel sowie der Entlastungsstrecke Strasbourg-Lauterbourg-Wörth (Motion 22.3000). Mit der Profilerweiterung der Bahntunnels durch die Vogesen würde die Achse Belgien-Metz-Basel zum 4-Meter-Korridor und damit zu einem NEAT-Zubringer für den Kombinierten Verkehr. Die Umsetzung dieser zeitkritischen Baumassnahme bedarf der vollständigen Finanzierung durch die Schweiz, da sie für Frankreich selbst kaum einen Mehrwert bringen wird. Dies entspricht auch der bisherigen Praxis der Tunnelprofilerweiterungen für den 4-Meter-Korridor in Norditalien.
Der so entstehende zweite 4-Meter-Korridor im Norden würde die Kapazitäten des gesamten NEAT-Systems erheblich erweitern und damit die Voraussetzungen schaffen, dass neue alpenquerende Strassentransporte auf die Schiene verlagert werden können. Da heute gegen 50% der alpenquerenden Verkehre durch die Schweiz auf Benelux-Verkehre entfällt, dürften sich aufgrund der Entlastung des rechtsrheinische 4-Meter-Korridors die Zuverlässigkeit und Qualität des gesamten transalpinen KV-Systems wieder deutlich verbessern.
Was die Entlastungsstrecke Strasbourg-Wörth betrifft, so wäre hier der Einsatz von Hybrid-Lokomotiven (Elektrisch/Diesel) die kosteneffizientere Lösung im Vergleich zur – von Frankreich nicht priorisierten – Elektrifizierung. Damit könnte bei den Grossbaustellen mit Vollsperrungen der Rheintalachse linksrheinisch ausgewichen werden.
Diese Massnahmen sind zentral, um die Engpässe auf der überlasteten und störungsanfälligen rechtsrheinischen Achse nachhaltig zu entschärfen und überhaupt wieder neue Verlagerungen von Strassentransporten zu ermöglichen. Ebenso wichtig ist die rasche Einrichtung zusätzlicher Puffergleise nördlich und südlich der Alpen (Motion 24.3339), um den Betrieb bei den häufigen Infrastruktur-Unterbrüchen auf dem Korridor stabilisieren zu können.
Ab 2025 übernahmen die Schweiz und Belgien gemeinsam die Verantwortung für den Güterverkehrskorridor Nordsee–Rhein–Mittelmeer – eine Chance, durch besser koordiniertes Korridormanagement und integrierte Baustellenplanung die Transportkapazitäten für den Güterverkehr wirksam zu sichern.
Neben infrastrukturellen Massnahmen braucht es gezielte finanzielle Instrumente, um die Wettbewerbsfähigkeit des Kombinierten Verkehrs gegenüber der Strasse zu sichern. Der dringend notwendige Ausbau der Rheintalbahn – als leistungsfähiger Anschluss an die NEAT – verzögert sich weiter. Erst ab 2045 ist mit einer Bahnstrecke zu rechnen, die den Betrieb von Zügen mit einer Länge von bis zu 750 Metern (statt derzeit 680 Metern) ermöglicht.
«Der Sektor profitiert bisher nur teilweise von den Vorteilen der Flachbahn»
, erklärt Hans-Jörg Bertschi, Präsident des Verwaltungsrats der Hupac Gruppe.
Der angestrebte Produktivitätsgewinn von 10% bleibt unerreichbar.
«Eine Fortführung der Betriebsbeiträge für den Kombinierten Verkehr über das Jahr 2030 hinaus muss deshalb jetzt ernsthaft diskutiert werden. Es geht darum, rechtzeitig Investitionssicherheit für die an der weiteren Verlagerung auf die Schiene beteiligten Unternehmen zu schaffen.»
Auch in Deutschland zeichnen sich Fortschritte ab: Die Bundesnetzagentur prüft Massnahmen zur Begrenzung gleichzeitiger Baustellen, um wieder planbare Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr zu schaffen. Monatelange Sperrung ganzer Korridore ohne gleichwertige Umleitungsoptionen sind für die europäische Wirtschaft nicht vertretbar.
«Der Kombinierte Verkehr bleibt ein Schlüssel für eine nachhaltigen Logistik in Europa»
, sagt Hans-Jörg Bertschi.
«Damit dieses System funktioniert, braucht es leistungsfähige Infrastrukturen und verlässliche Planung. Die heutige Qualitätserosion gefährdet die Verlagerungsziele. Es ist höchste Zeit, dass Politik, Infrastrukturbetreiber und Wirtschaft gemeinsam an einem stabilen europäischen Schienennetz arbeiten.»
Resilienz und operative Stabilität
Zur Sicherung der Leistungsfähigkeit setzt Hupac konsequent auf operative Resilienz. So wurde während der Vollsperrung der Rheintalbahn im August 2024 kurzfristig ein Diesel-Shuttle durch das Elsass organisiert – ein Gemeinschaftsprojekt mit SBB Cargo International und Captrain, das täglich 20 Züge pro Richtung verlässlich umleitete.
Auch strukturelle Anpassungen gehören zur Strategie der Hupac: Seit Anfang 2025 werden einzelne Verbindungen zwischen Belgien und Italien über Frankreich statt über Deutschland geführt, um Risiken durch infrastrukturelle Schwächen zu minimieren. Weitere Umleitungsoptionen sind in Planung. Reservekompositionen, zusätzliche Lokführer und erweiterte Wochenendkapazitäten erhöhen die Flexibilität bei betrieblichen Störungen.
Parallel setzt Hupac auf die Digitalisierung der Wertschöpfungskette durch Standardisierung und Automatisierung. Im Fokus stehen die Automatisierung der Terminalprozesse sowie die Weiterentwicklung der Wagentechnologie mit höheren Nutzlasten, lärmmindernden Bremsen und On-Board-Sensorik für die vorausschauende Wartung.
Ausblick: Hupac fokussiert sich auf Kernrelationen für mehr Zuverlässigkeit
Das Marktumfeld für Hupac bleibt auch im Jahr 2025 anspruchsvoll. Die Entwicklung der Nachfrage ist nur schwer vorhersehbar – bedingt durch die angespannte geopolitische Lage sowie durch strukturelle Wettbewerbsnachteile, mit denen zahlreiche europäische Industriebranchen konfrontiert sind, etwa hohe Energiepreise und Rückstände bei Schlüsseltechnologien.
Hupac reagiert auf diese Herausforderungen und auf die Schwierigkeiten im internationalen Schienengüterverkehr mit einer gezielten Neuausrichtung. In den kommenden zwei Jahren will das Unternehmen die Kombinierten Verkehre auf der Nord-Süd-Achse stärker auf volumenstarke Kernrelationen bündeln. Ziel ist es, auf diesen Relationen drei bis vier Züge pro Tag und Richtung zu führen – und so ein stabileres, zuverlässigeres und marktorientiertes Angebot zu schaffen.
«Mit einer höheren Frequenz pro Relation können wir schneller auf Störungen reagieren und unseren Kunden eine höhere Planbarkeit und Stabilität bieten»
, erklärt CEO Michail Stahlhut.
«Fällt ein Zug aus, steht rasch eine Alternative zur Verfügung. Gleichzeitig steigert dieses Modell die Effizienz im Bahnbetrieb, da Fahrzeuge und Personal flexibel einsetzbar bleiben.»
Auch Terminals und Bahnwagen profitieren von der höheren Produktivität.
Mit diesem Modell stärkt Hupac gezielt die Wettbewerbsfähigkeit des Kombinierten Verkehrs und setzt ein deutliches Zeichen gegen die Rückverlagerung auf die Strasse.
Langfristig bleibt der intermodale Verkehr ein Markt mit Potenzial. Der Fahrermangel im Strassengüterverkehr, die Produktivitätsvorteile der Schiene und der politische Wille zur Verkehrsverlagerung fördern die Nachfrage. Gleichzeitig gewinnt auch der Strassentransport durch Dekarbonisierung an Attraktivität. Die Schiene bleibt jedoch strategisch im Vorteil – vorausgesetzt, sie ist wirtschaftlich konkurrenzfähig.
Für das laufende Jahr rechnet Hupac mit stabilen Transportmengen in den kontinentalen und maritimen Netzwerken. Im Fokus stehen Kapazitätsmanagement, Qualitätssicherung und die Weiterentwicklung marktorientierter Angebote.
«Wir sind überzeugt, dass wir mit einem leistungsfähigen Kombinierten Verkehr einen echten Mehrwert für eine nachhaltige Logistik in Europa schaffen können»
, so Stahlhut.
Links
Newsletter abonnieren
Abonnieren Sie die Bahnonline.ch-Newsletter und erhalten Sie die neuesten Beiträge direkt per E-Mail. Hier können Sie sich anmelden.