Drei weitere Subventionsfälle bei Unternehmen des öffentlichen Verkehrs

Die Aufsichtsbehörden von Bund und Kantonen haben festgestellt, dass weitere öV-Unternehmen zu hohe Subventionen bezogen haben. Betroffen sind die Bus Ostschweiz AG, die Transports Publics Fribourgeois (TPF) und die Standseilbahn St. Imier – Mont-Soleil. Es geht um total rund 12 Millionen Franken plus Zinsen. Die Verfahren zur Rückzahlung sind eingeleitet oder in Vorbereitung.

Die Verantwortung für eine korrekte Finanzberichterstattung und die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen liegt bei den Leitungsorganen der Transportunternehmen. Eine wichtige Aufgabe kommt zudem den Revisionsgesellschaften zu. Das Bundesamt für Verkehr BAV), die Kantone sowie die Finanzkontrollen von Bund und Kantonen führen ergänzend risikoorientiert Prüfungen durch. Dabei haben die Aufsichtsbehörden festgestellt, dass drei weitere Unternehmen aus verschiedenen Gründen zu hohe Subventionen bezogen haben:

  • Die Revision des BAV hat nach Fragen von Agglomeration und Kanton Freiburg festgestellt, dass die Transports Publics Fribourgeois (TPF) Werbeeinnahmen und Erlöse aus Versicherungen nicht wie vorgeschrieben in den abgeltungsberechtigten Sparten (Regionaler Personenverkehr, Infrastruktur und Ortsverkehr) verbucht haben. Diese Fehlbuchungen führten zu überhöhten Subventionen. Es geht um rund 6 Millionen Franken, welche über einen Zeitraum von zehn Jahren zu viel bezogen wurden. Dazu kommen die Zinsen. Federführend für die weitere Aufarbeitung und Rückzahlung ist der Kanton Freiburg als hauptbetroffener Besteller der Verkehrsleistungen.
  • Die Finanzkontrolle des Kantons St. Gallen wurde vom Volkswirtschaftsdepartement des Kantons im August 2020 mit einer subventionsrechtlichen Prüfung beauftragt. Sie hat festgestellt, dass die Bus Ostschweiz AG vollständig abgeschriebene Busse an ein Tochterunternehmen verkauft hat. Dieses vermietete die Fahrzeuge von 2012 bis 2019 zu überhöhten Kosten zurück an die subventionierte Muttergesellschaft. Es steht der Verdacht im Raum, dass dieses Vorgehen gewählt wurde, um das seit 2011 geltende explizite Verbot von Überabschreibungen zu umgehen. Die Schadenssumme im Regionalen Personenverkehr und Ortsverkehr beträgt rund 5,5 Millionen Franken, dazu kommen Zinsen. Federführend bei der Aufarbeitung ist der Kanton St. Gallen. 
  • Auf Hinweis des kantonalen Amts für öffentlichen Verkehr und Verkehrskoordination hat die Finanzkontrolle des Kantons Bern bei der Standseilbahn St. Imier – Mont-Soleil Unregelmässigkeiten bei der Rechnungsführung festgestellt und Hinweise gefunden, wonach Quersubventionierungen zulasten der abgeltungsberechtigten Sparten stattgefunden haben. Der Fall wird unter Federführung des Kantons Bern vertieft aufgearbeitet. Gemäss den ersten Erkenntnissen geht es um einen Betrag von unter 1 Million Franken.

Nach dem 2018 bekannt gewordenen «Fall Postauto» hatten BAV und Kantone auch überhöhte Subventionsbezüge durch die BLS, die SBB, die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) sowie durch ein holländisches Schienengüterverkehrsunternehmen (Shuttlewiese) entdeckt. Der grösste Teil des Geldes – annährend 300 Millionen Franken – wurde inzwischen an Bund und Kantone zurückbezahlt. Ausgenommen ist die VBL, welche die Rückzahlungsverfügung gerichtlich angefochten hat. Das BAV hat im Nachgang zum «Fall Postauto» das Aufsichtssystem mit verschiedenen Massnahmen angepasst.

Stellungnahme TPF: Die TPF korrigieren Buchungsfehler
Nachdem die Agglomeration Freiburg im Rahmen eines Leistungsangebots Fragen zu finanziellen Aspekten aufwarf, ersuchten der Verwaltungsrat und die Generaldirektion der Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF) die kantonale Finanzkontrolle um eine Prüfung ihrer Antworten. Die kantonale Finanzkontrolle deckte Fehler bei der rechnerischen Zuordnung der Werbeeinnahmen auf. Parallel dazu nahm das Bundesamt für Verkehr (BAV) bei den TPF eine ordentliche Revision vor und bestätigte den Befund der kantonalen Finanzkontrolle. Der Verwaltungsrat und die Generaldirektion der TPF haben umgehend Massnahmen ergriffen, um diesen Sachverhalt zu korrigieren: Die betroffenen Geschäftsprozesse werden revidiert und die fälschlicherweise verbuchten Beträge schnellstmöglich zurückerstattet. Das BAV sieht keinen Grund, eine Strafverfolgung gegen die TPF einzuleiten.

Im November 2020 stellte die Agglomeration Freiburg den TPF im Rahmen eines Leistungsangebots Fragen zur Verbuchung der Einnahmen aus Werbetätigkeiten und den Dienstleistungen des Immobilienunternehmens TPF IMMO. Der Verwaltungsrat und die Generaldirektion der TPF legten ihre ausführlichen Antworten der kantonalen Finanzkontrolle zur Prüfung vor. Diese deckte auf, dass bei der rechnerischen Zuordnung der Werbeeinnahmen ein Revisionsbedarf bestand. Im selben Zeitraum begann das BAV die ordentliche Revision der Abgeltungen für den Regionalverkehr und die Infrastrukturen. Im Revisionsbericht vom 9. Dezember 2021 verweist das BAV darauf, dass die Verbuchungspraxis der TPF im Hinblick auf die Werbeeinnahmen und die Retrozessionen der Versicherungsprämien – die aus der Zeit der Einführung der analytischen Rechnungsführung bei der GFM im Jahr 1998 stammt und bisher nie in Frage gestellt worden ist – nicht auf einer Rechtsverletzung, sondern auf einem Fehler beruhte.

Rückerstattung und Korrekturmassnahmen

Tatsächlich haben die TPF die Werbeeinnahmen und Retrozessionen der Versicherungsprämien mehrere Jahre lang fälschlicherweise verbucht, ohne den Grundsatz des Verursacherprinzips zu beachten. Die Werbeeinnahmen standen ausschliesslich dem Unternehmen TPF TRAFIC zur freien Verfügung. Die Retrozessionen der Prämien standen zur freien Verfügung der TPF. Laut dem Bericht des BAV hat diese Verbuchungspraxis dazu geführt, dass die öffentliche Hand einen zu hohen Beitrag an den Regional- und Agglomerationsverkehr leistete. Es handelt sich um Beträge in Höhe von CHF 600’000.- pro Jahr für einen Zeitraum von zehn Jahren. TPF TRAFIC wird von seinen Bestellern jährlich mit fast CHF 75 Millionen Franken subventioniert.

Nach Kenntnisnahme des Berichts ordnete der Verwaltungsrat der TPF umgehend die rasche Rückerstattung des Betrags an die verschiedenen Besteller an, gemäss einem noch zu erarbeitenden Verteilschlüssel. Der Kanton Freiburg ist mit der Koordination aller Besteller beauftragt, um die Bedingungen für die Rückzahlungen festzulegen. Die entsprechende Verbuchungspraxis wird korrigiert, und die betroffenen Geschäftsprozesse werden angepasst.

Im Revisionsbericht empfiehlt das BAV, eine Prüfung aller «Nebentätigkeiten» der TPF im Hinblick auf die Einhaltung des Verursacherprinzips vorzunehmen. In diesem Sinne hat der Verwaltungsrat bereits eine zusätzliche Prüfung der Verbuchung von Subventionen in Auftrag gegeben. Darüber hinaus erbittet er den Risiko- und Prüfungsausschuss, die Möglichkeit zu prüfen, einen Prüfer/Revisor zu ernennen, der dem Verwaltungsrat direkt untersteht.

Der Leiter Finanzen und Einkauf hat dem Verwaltungsrat und der Generaldirektion seinen Rücktritt unterbreitet und nimmt per 1. Januar 2022 sein Recht auf Frührente in Anspruch.
Stellungnahme BUS Ostschweiz: BUS Ostschweiz nimmt Stellung zu Subventionsbezügen
Die Finanzkontrolle des Kantons St. Gallen hat bei der BUS Ostschweiz AG in Altstätten SG eine subventionsrechtliche Prüfung durchgeführt. Gemäss dieser soll das Unternehmen aus heutiger Sicht in den Jahren 2012 bis 2019 von Bund und Kanton zu hohe Subventionsbeiträge bezogen haben. Die Gewinne wurden in die Infrastruktur und die E-Mobilität investiert.

Im Jahr 2018 hat die Unternehmensgruppe BUS Ostschweiz AG ihre internen Finanzflüsse und Verrechnungen überprüft. Dabei wurden Strukturen und Prozesse entdeckt, welche nicht mehr den gängigen Standards entsprochen haben. Entsprechend nahmen der Verwaltungsrat und die Unternehmensleitung Anpassungen vor und setzten diese um. Für das Geschäftsjahr 2019 hat sich die BUS Ostschweiz AG zusammen mit der Revisionsstelle freiwillig für eine Pilotprüfung nach der Richtlinie Subventionsprüfung gemeldet. Die daraus gewonnenen Kenntnisse wurden per 1. Januar 2020 freiwillig und noch vor der Prüfung durch die Finanzkontrolle umgesetzt. «Uns ist es wichtig, dass wir alle Vorgaben lückenlos einhalten», erklärt Unternehmensleiter Roland Ochsner. Zu den getroffenen Anpassungen gehörte der Wechsel von der Verrechnung von pauschalen Ansätzen für das Mieten von Fahrzeugen, zur Verrechnung der effektiv anfallenden Kosten. Die vollzogenen Massnahmen dienen der Kostentransparenz innerhalb der Unternehmensgruppe und bewähren sich seit deren Einführung. Dies wird von der Finanzkontrolle im Berichtsentwurf auch entsprechend gewürdigt. Für das Geschäftsjahr 2020 gab es keine Beanstandungen mehr.

Subventionsrechtliche Prüfung durch die Finanzkontrolle

Im August 2020 hat das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen die Finanzkontrolle beauftragt, eine subventionsrechtliche Prüfung bei der BUS Ostschweiz AG durchzuführen. Aktuell liegt dem Unternehmen ein Entwurf des Prüfungsberichts vor. Die BUS Ostschweiz AG hat bis zum Dezember 2021 Gelegenheit zu den darin erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Insbesondere wird im Bericht kritisiert, dass die BUS Ostschweiz AG abgeschriebene Fahrzeuge an eine Tochtergesellschaft verkaufte und diese aus heutiger Sicht zu überhöhten Ansätzen an die subventionierte Muttergesellschaft vermietete. Diese wiederum konnte dadurch von 2012 bis 2019 höhere Subventionsbeiträge beziehen. Der Umfang dürfte im Bereich von rund 3,5 Prozent der Subventionsbeiträge, respektive insgesamt 5,5 Millionen Franken liegen. Der erwirtschaftete Gewinn der Unternehmen wurde laufend in neue Mobilitätslösungen sowie in zeitgemässe Infrastruktur investiert. Verwaltungsratspräsident Daniel Wild versichert: «Es wurden weder Dividenden noch überhöhte Boni ausbezahlt. Der Gewinn floss immer wieder vollumfänglich in den öffentlichen Verkehr.»

Vergangenheit wird aufgearbeitet

Aus heutiger Sicht waren die früheren Vorgehensweisen in den Jahren 2012 bis 2019 ungeschickt. In der heutigen Zeit sind die früheren Strukturen und Vorgehensweisen klar nicht mehr akzeptiert. Deshalb fand vor bald zwei Jahren bei der BUS Ostschweiz AG auch ein entsprechender Systemwechsel statt. Unternehmensleiter Roland Ochsner ist überzeugt: «Wir sind mit der aktuellen Strategie auf dem richtigen Weg, kommunizieren transparent und müssen nun noch die Vergangenheit aufarbeiten.» Verwaltungsrat und Unternehmensleitung sind sehr interessiert daran, die noch offenen Fragen in Zusammenarbeit mit den Behörden zu klären. Ob die früheren Vorgehensweisen innerhalb der Unternehmensgruppe rechtliche oder finanzielle Folgen haben wird, ist aktuell noch nicht bekannt. Ein gruppeninterner Gewinn aus der Zurverfügungstellung der Fahrzeuge gibt es seit 2020 nicht mehr, was so auch von der Finanzkontrolle bestätigt wurde.

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