125 Jahre Standseilbahn Freiburg: Bergfahrt in zwei Minuten

Am Sonntag, 4. Februar 2024 feiert das «Funiculaire», das die Neustadt mit der Rue Saint-Pierre verbindet, sein 125-jähriges Jubiläum. Die denkmalgeschützte, mit Wasserballast betriebene Standseilbahn ist eine der letzten ihrer Art und ist ein Zeitzeuge der der Industrialisierung der Stadt Freiburg. Die Freiburger Verkehrsbetriebe (TPF), die seit 1970 für den Betrieb verantwortlich sind, und die Agglomeration Freiburg (Agglo), Auftraggeberin des städtischen öffentlichen Verkehrs, wollen dieses Jubiläum im Laufe des Jahres 2024 begehen. Der Auftakt der Festlichkeiten findet am kommenden Sonntag mit geführten Besuchen während des ganzen Tages statt.

Als Teil des städtischen öffentlichen Verkehrsnetzes, das von der Agglomeration Freiburg mitbetreut wird, ist die Standseilbahn auch 125 Jahre nach ihrer Gründung eine lebenswichtige Verbindung zwischen der Ober- und der Unterstadt von Freiburg. Ihr Betrieb wird heute von den TPF sichergestellt und wird von der kürzlich dekarbonisierten Linie 4 unterstützt. Die Standseilbahn verkörpert ein Symbol der Freiburger Identität.

Zu Beginn war das Freiburger Funiculaire erstellt worden, um die Arbeiter von der Unterstadt zu den Baustellen und den Industriestätten zu befördern, die rund um den Bahnhof aus dem Boden schossen. An den Ufern der Saane wohnten damals die «einfachen Leute», während in der Höhe bürgerliche Quartiere entstanden. Seither hat sich die sozio-ökonomische Landschaft von Freiburg stark verändert. Das Auf und Ab des Funiculaire ist jedoch geblieben, wie eine Naht zwischen den beiden grundlegenden und unzertrennlichen Einheiten der Stadt. Am Sonntag, 4. Februar 2024 feiert die ehrwürdige Bahn ihren 125-jährigen Betrieb.

Geführte Besuche am Tag des 125. Jubiläums

Das Jubiläum wird während des ganzen Jahres 2024 gefeiert. Der erste Anlass findet am Sonntag, 4. Februar statt, Tag der grossen Einweihung im Jahr 1899. Den ganzen Tag über finden geführte Besuche statt, am Morgen auf Anmeldung und am Nachmittag offen für alle (unter Vorbehalt der Verfügbarkeit).

Ausstellung im Frühling und Veranstaltungen während des ganzen Jahres

Anfang Frühling wird in der Nähe der Bergstation eine Ausstellung eröffnet, die die Geschichte der Standseilbahn erzählt und ihre Funktionsweise näher erläutert. Sie dauert bis zum Ende des Jahres. Am 20. April wird die Standseilbahn anlässlich der «Fribourg Portes Ouvertes» noch mehr von sich preisgeben. Die Museumsnacht am 25. Mai wird eine weitere Gelegenheit sein, um Besucherinnen und Besucher zu empfangen.

Weitere Veranstaltungen werden anlässlich des Fête de la Musique am 21. Juni und während des Freiburger Treppenlaufs Tzampata am 30. Juni durchgeführt. Die Jüngsten stehen am 17. Juli im Mittelpunkt, wenn das Familienprogramm des Festivals Les Georges stattfindet. Veranstaltungen im Rahmen des Internationalen Folkloretreffens Freiburg (RFI) am Donnerstag, den 15. August, oder anlässlich der Europäischen Tage des Denkmals am 7. und 8. September bieten dem Publikum die Möglichkeit, die «Funi» auf neue Art und Weise zu entdecken. Jeden Monat können die Fans der Standseilbahn bei einem Fotowettbewerb auf den sozialen Netzwerken Preise in den Farben des Jubilars gewinnen. Unter allen Einsendungen wird am Ende dieses festlichen Jahres ein Transportgutschein verlost. Weitere Überraschungen für Gross und Klein ergänzen das Festprogramm.

Antrieb durch Abwasser

Die grosse Besonderheit der Standseilbahn Neustadt/Saint-Pierre ist, dass sie eine der sieben letzten Standseilbahnen in Europa ist, die mit Wasserballast betrieben werden. Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Betriebsart aus wirtschaftlichen Gründen sowie zur Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit und Regelmässigkeit gewählt. Das Gewicht des abwärtsfahrenden Wagens, dessen Tank vor der Abfahrt gefüllt wird, zieht ein Seil, das den anderen Wagen den Hang hinaufbefördert. Sobald der abwärtsfahrende Wagen an der Talstation angekommen ist, wird der Tank in die Kanalisation des Neustadt-Quartiers entleert. Nun funktioniert die Bewegung umgekehrt. Da die städtische Wasser- und Forstgesellschaft damals das für den regelmässigen Betrieb erforderliche Wasser nicht garantieren konnte, nutzt das Funiculaire das Abwasser der Oberstadt. Das macht sie zu einem Champion der erneuerbaren Energie.

9000 Stunden, um das Funi wieder in Schuss zu bringen

Die Standseilbahn war lange im Besitz der Cardinal-Brauerei, da Paul-Alcide Blancpain zu ihren Initianten gehörte. 1965 ging sie an die öffentliche Hand, bevor sie 1970 in die Transports en commun de Fribourg (TF) integriert wurde. Nach einem Achsenbruch im Jahr 1996 wurde eine vollständige Sanierung der Infrastruktur notwendig, damit die Bahn ihr hundertjähriges Bestehen erreichen konnte. 9000 Stunden sorgfältiger Arbeit waren nötig, davon ein grosser Teil in den Werkstätten der Von Roll AG in Bern, die die Standseilbahn ein Jahrhundert zuvor gebaut hatte. Bei seiner Wiederinbetriebnahme wurde das Funi zum eidgenössischen historischen Denkmal erklärt. Seitdem kümmern sich die TF, die heutigen TPF (Freiburgische Verkehrsbetriebe), mit grosser Sorgfalt um das Museumsobjekt, das weiterhin treue Fahrgäste, Schülerinnen und Schüler sowie im Sommer Badegäste befördert und natürlich auch Touristen, die bei der Fahrt eine Reise in die Vergangenheit erleben. Die Standseilbahn ist ein integraler Bestandteil des städtischen öffentlichen Verkehrsnetzes, das von der Agglomeration Freiburg mitbetreut wird.

Technische Daten
Schienen
– Höhe Talstation: 550 m
– Höhenunterschied: 56,40 m
– Streckenlänge: 126,40 m
– Durchschnittliche Neigung: 53%
– Spurweite: 1,20 m
– Kreuzungsradius: 120 m
– Länge Ausweichgleis: ca. 46 m
– Durchmesser Zugseil: 22 mm
– Durchmesser Leitrad: 3,6 m
– Durchmesser Umlenkräder: 2,2 m
– Reservoir Georges Python Platz: 150’000 l

Wagen
– Kapazität: 20 Plätze, davon 10 Sitzplätze
– Abmessungen: 5,8 m x 2,1 m x 3,4 m (Höhe)
– Fassungsvermögen Reservoir: 3m3
– Leergewicht: 8000 kg
– Abwärtsfahrender Wagen: ca. 9000 kg
– Bremsen: 4 unabhängige Bremsen: Handbremse, an jeder Plattform montiert; Notpedalbremse, Geschwindigkeitsregler wirkt ab 1,2 m/s; Notbremse bei Seilriss

Betrieb
– Maximale Geschwindigkeit: 4,32 km/h (1,20 m/s)
– Fahrtdauer: 2 Minuten
– Haltedauer in Minuten: 3 Minuten
– Kapazität pro Stunde 480 Pers./h (in beide Richtungen)
– Rekord jährliches Fahrgastaufkommen 630 115 Reisende (1964)
– Fahrgastaufkommen im Jahr 2023: 182 035 Reisende

Eigentümer
– 1899, Société du Funiculaire Neuveville — St-Pierre
– 1901, Die Gebrüder Blancpain, Eigentümer der Cardinal Brauerei
– 1965, Stadt Freiburg
– 1970, Transports en commun de Fribourg

Die letzten mit Wasserballast betriebenen Standseilbahnen
– Braga (P), Elevador do Bom Jesus, 1882, 274 m
– Redcar & Cleveland (UK), Saltburn Cliff Tramway, 1883, 63 m
– Folkestone (UK), Leas Cliff, 1885, 50 m
– Wiesbaden (D), Nerobergbahn, 1888, 440 m
– Freiburg (CH), Funiculaire Neuveville Saint Pierre, 1899, 126 m
– Lynton (UK), Lynton / Lynmouth Cliff Railway, 1890, 262 m
– Machynlleth (UK), Centre for Alternative Technology, Centre’s Cliff Railway, 1992, 60 m

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