Parlament will Ausbau des Fernverkehrs auf der Schiene vorantreiben [aktualisiert]

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 10. März 2023 veröffentlicht.

Der Bundesrat soll sich verstärkt auf den Bau des «Verkehrskreuzes Schweiz» und damit auf den Ausbau des Fernverkehrs auf der Schiene konzentrieren. Das fordert das Parlament mit einer überwiesenen Motion.

Der Ständerat hat den Vorstoss der Verkehrskommission des Nationalrats (KVF-N) mit 27 zu 11 Stimmen angenommen. Der Bundesrat muss nun handeln, obwohl er die Motion zur Ablehnung empfohlen hat.

Die Rede ist von Projektierung und Bau aller fehlenden Abschnitte für den Fernverkehr von Grenze zu Grenze, entlang des gesamten Schweizer Territoriums, sowohl zwischen Süden und Norden als auch zwischen Ost und West. Gemäss Motionstext soll die Regierung Anträge stellen für die entsprechenden Budgets.

Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats begrüsse zwar in den Grundzügen die vom Bundesrat vorgeschlagene «Perspektive Bahn 2050», sagte Präsident Hans Wicki (FDP/NW) im Namen der Mehrheit. Mit der Überweisung des Vorstosses wolle sie aber die Bedeutung der Weiterentwicklung des Fernverkehrsnetzes betonen. Dies müsse Priorität haben.

Die Kommissionsminderheit ging mit dem Bundesrat darin einig, dass die Motion einen zu starken Fokus auf den Fernverkehr lege. Um den Verkehr ökologischer zu gestalten, solle auch die Attraktivität von kurzen und mittleren Distanzen gesteigert werden, sagte Mathias Zopfi (Grüne/GL). Das erhöhe die ökologische Wirkung.

Verkehrsminister Albert Rösti hielt fest, dass die Differenzen zwischen Parlament und Bundesrat nicht gross seien. Der Fernverkehr und der Regionalverkehr sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Er versprach, dass der Bundesrat die Botschaft zur Strategie «Perspektive Bahn 2050» Ende Sommer präsentieren werde und dabei das Motionsanliegen berücksichtigen werde.

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Quelle: Swiss Railvolution
Swiss Railvolution: Neues Paradigma für eine attraktivere Bahn
Mit dem definitiven Entscheid vom 9. März 2023 des Ständerats muss der Bundesrat Neubaustrecken für die Bahn von Ost nach West und von Nord nach Süd planen und über die Grenzen hinweg rasch den Anschluss an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz finden.

Der Bundesrat ist endlich beauftragt, eine Gesamtvision zu definieren, wie alle fehlenden Abschnitte für den nationalen und internationalen Fernverkehr entlang des gesamten Schweizer Territoriums im Hinblick auf den Fahrplan 2050 realisiert werden können.

Eine unveränderte «Perspektive Bahn 2050» würde ihre Ziele verfehlen

Mit Bahn 2050 behauptete der Bundesrat, dass er einen maximalen Beitrag zur Erreichung der Klimapolitik, der Umwelt oder der Raumplanung, leisten kann. Er hatte aber in seiner Vorlage gleich selbst gezeigt, dass seine Strategie nicht aufgehen kann: Trotz riesiger Investitionen von Bahn 2035 und 2050 soll der Anteil der Bahn am Gesamtverkehr bis 2050 um minimale 3% steigen – von 21% auf 24% – was zu keinem der genannten Ziele einen wirksamen Beitrag leistet.

– 3 % Verschiebung Marktanteil liegen in der Schwankungsbreite. Wo bleiben da die Umsteiger vom Auto und vom Flugzeug auf die Bahn?
– Was ist da der Beitrag ans Klima?
– Wenn die Bevölkerung weiterwächst, wie vom Bund prognostiziert, dann werden die riesigen, neugeschaffenen Kapazitäten vielleicht ausgelastet. Aber mit einer Verschiebung des Marktanteils um bloss 3% wird auch der Strassenverkehr weiter wachsen.

Die Zeit drängt, denn um einen effizienten Einsatz der Steuergelder zu gewährleisten, müssen die heute angegangenen Baustellen im Netz mit dem Fahrplan 2050 aufwärtskompatibel sein. Grenzüberschreitende Neubaustrecken müssen zudem gemeinsam mit unseren Nachbarländern und der EU geplant werden.

Zurück in die Zukunft

Es müssen die Prinzipien gelten, die den Erfolg von Bahn 2000 und Alptransit (NEAT) ermöglicht haben. Der Bundesrat sollte die Etappen in einer klaren Reihenfolge festlegen:

– Welche Bedürfnisse haben die Kundinnen und Kunden im Personen- und Güterverkehr, gemessen in Personenkilometern (PKm) und Tonnenkilometern (TKm), damit sie von der Strasse und vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen?
– Welche Fahrpläne und welche Geschwindigkeiten werden benötigt?
– Daraus ergeben sich die nötigen Infrastrukturausbauten.

Um den Marktanteil der Bahn stark zu steigern, muss neben dem wichtigen Verkehr auf kurze und mittlere Distanzen, auch der Fernverkehr gefördert werden. Mit dem Konzept des Verkehrskreuzes Schweiz von SwissRailvolution, das u.a. zwei Hochleistungsachsen West-Ost und Nord-Süd von Grenze zu Grenze vorsieht, kann der öV massiv gestärkt werden. Dieses Netz muss ein neues Angebot ermöglichen mit schnellen und effizienten Verbindungen zwischen den Schweizer Städten und einer gute Anbindung aller Regionen. Es geht auch darum, die Position der Schweiz im Zentrum des europäischen Eisenbahnnetzes mit attraktiven Verbindungen nach europäischen Zentren zu stärken. Davon wird auch unser bestehendes Netz profitieren, da freie Kapazitäten für den Regional- und Güterverkehr geschaffen werden, d.h. auch für kurze und mittlere Distanzen. Und das Netz kann endlich so ausgebaut werden, dass Verspätungen, Ausfälle und Sonderfahrpläne in einem erträglichen Rahmen bleiben.

«Wir erwarten nun vom Bundesrat einen ambitionierten «Bahn 2050»-Fahrplan mit klaren Angebotszielen.»
Swiss Railvolution

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Kommentare

3 Kommentare

  1. Was es braucht, ist vor allem ein gut aufeinander angestimmter, ausgewogner Ausbau von Fern- und Regionalverkehr, damit beides zusammen harmoniert.

  2. Der ÖV ist wie ein Baum, auch bei diesem fliessen die Nährstoffen/der Verkehr von den feinst verzweigten Würzelchen in die dickeren Wurzeln und von da in den Stamm. Deshalb kann man nicht einfach nur den Fernverkehr ausbauen. Die Bäume sind zudem zur Nahrstoffaufnahme ebenso auf die Symbiose mit Pilzen angewiesen, wie der ÖV auf den Langsamverkehr zu Fuss und mit dem Velo. Deshalb muss das Gesamtsystem betrachtet und optimiert werden.

  3. Das Fernverkehrsnetz hat seine Bedeutung im internationalen Kontext. Für die Schweiz und ihre Bahnbenutzer ist der Nutzen eher sekundär: Wenn die Umlagerung vom Auto- und Flugverkehr auf die Schiene auf Distanzen von 1000 km funktionieren soll, braucht es aber diesen Ausbau der Fernverkehrsverbindungen.
    Es wäre z.B. wichtig, dass ein Frecciarossa Zug ab Rom auch nach Mailand als Hochgeschwindigkeitszug weiter durch die Schweiz bis in den süddeutschen Raum durchfahren könnte – oder umgekehrt für den ICE bis z.B. Florenz. So wäre die Bahn auf einmal eine wirkliche Alternative zur Auto-Fernreise durch den Gotthard oder mit dem Flugzeug oben drüber. Ähnliches gilt für die Ost-Westachse: Es müsste für einen Münchner, welcher in Südfrankreich Ferien machen will, attraktiver sein, dafür den Zug zu nehmen als das Flugzeug oder das Auto.

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