Flexible Abteile für Velo und Gepäck: SOB-Pilotbetrieb startet

Ob für Pendler oder Reisende mit Velo und Gepäck: Die Schweizerische Südostbahn AG (SOB) will Züge künftig für Kundinnen und Kunden flexibler nutzbar machen. In einem Pilotprojekt werden konfigurierbare Abteile in einem Flirt-Zug der SOB getestet, um aus Sitzplätzen rasch Gepäckflächen zu machen. Die Abteile sollen zusammen mit den Fahrgästen weiterentwickelt werden.

Immer mehr Velos werden in Zügen transportiert. Das stellt die Bahnunternehmen vor Herausforderungen: Sie wollen den Kundinnen und Kunden genügend Velo- und Gepäckflächen zur Verfügung stellen, doch die Platzbedürfnisse verändern sich je nach Uhrzeit, Wochentag oder Saison.

«Die Innenausstattung unserer Züge ändert sich jedoch nicht. Die Züge bieten zu jeder Tages- und Nachtzeit, bei jedem Wetter, stets das gleiche Angebot an Sitz- und Stellplätzen»

, sagt Urs Brütsch, Leiter Mobilität der Südostbahn.

Hier setzt das Pilotprojekt der SOB an: Den verfügbaren Raum nutzen.

«Der Raum ist da, aber der Platz fehlt»

, sagt Christian Keller, Ingenieur und Industriedesigner der Firma Erfindergeist aus Rorschacherberg mit Blick auf die unterschiedlichen Nutzerbedürfnisse.

Seine Firma berät die Südostbahn im Projekt und hat ein neues flexibles Abteil für den Fahrgastraum entwickelt. Zentraler Aspekt: Der nun in einem SOB-Flirt-Fahrzeug eingebaute Prototyp kann grundsätzlich an bestehenden Befestigungspunkten in Zügen – etwa jenen der Sitze – montiert werden.

«So kann die Entwicklung effizienter und kostengünstiger erfolgen als bei kompletten Fahrzeugumbauten, die dann die Ausstattung wieder für mehrere Jahre zementieren»

, erklärt Christian Keller.

Konfigurierbare Abteile

Die neu entwickelten Abteile lassen sich flexibel anpassen. Ein klassisches Viererabteil kann so von Bahnmitarbeitenden mit wenigen Handgriffen zu Stellflächen für Velos und Gepäck umgewandelt werden. Anders als bei Klappsitzen entsteht kein Nutzungskonflikt unter Reisenden, weil die weggeschwenkten Sitze für die Fahrgäste nicht mehr als Sitzplätze erkennbar und verfügbar sind. Wird die Zone für Sitzplätze genutzt, steht Reisenden ein vollwertiger Sitzplatz mit Kopfstütze und konturierter Rückenlehne zur Verfügung. Das erhöht im Vergleich zu Klappsitzen den Komfort. Im Pilotprojekt werden die Abteile je nach Einsatzgebiet des Fahrzeuges sowohl von Mitarbeitenden im Service-Zentrum als auch von Zugpersonal vorab oder spontan der erwarteten Nachfrage konfiguriert.

Sitzzone mit besser erreichbarer Gepäckablage

Nebst den Zonen für Gepäck und Velos testet die Südostbahn auch ein Abteil mit einer Sitzbank, das Platz für E-Scooter und ein Tischchen für Smartphones oder Tablets bietet. Dieses Sitzmodul wurde mithilfe von Jugendlichen entwickelt, die in das Projekt miteinbezogen wurden. So konnte etwa das Bedürfnis einfliessen, dass zusätzliche Ablageflächen für Kleingepäck wie Schultaschen praktisch wären. Generationenübergreifend kann das Abteil auch von Menschen mit Rollatoren genutzt werden, die dank den ins Modul integrierten Haltestangen bessere Aufstehhilfen erhalten.

«Für uns ist wichtig, dass die neu entwickelten Abteile von den Fahrgästen ausgiebig getestet werden»

, sagt Ingenieur Christian Keller von Erfindergeist.

Das rund 1,4 Millionen Franken teure Pilotprojekt

«Innovative Flächenbewirtschaftung im Zug» (IFIZ) wird vom Bundesamt für Verkehr im Bereich des regionalen Personenverkehrs finanziell gefördert. Die Resultate des einjährigen Versuchsbetriebes werden auch anderen Unternehmen in der öV-Branche zur Verfügung gestellt. Parallel zum Versuchsbetrieb arbeitet die SOB gemeinsam mit Partnern und Bestellern (Bund und Kantone) an möglichen Umsetzungsszenarien für die Flotten im Regional- und Fernverkehr. Den umgerüsteten Flirt setzt die SOB ab dem 23. Dezember 2023 bis im Dezember 2024 hauptsächlich im Regionalverkehr ein. Im Rahmen des Probebetriebes sind auch punktuelle Einsätze im Fernverkehr geplant.

Kundenrückmeldungen ernst nehmen

Die Gestaltung des Innenraums mit Piktogrammen, die den Rahmen des Möglichen verschieben, lädt Reisende ein, Rückmeldungen an das Projektteam weiterzureichen.

«Wir nehmen bei der Südostbahn die Rückmeldungen unserer Kundinnen und Kunden ernst und wollen unsere Züge gemeinsam mit ihnen weiterentwickeln»

, betont Urs Brütsch.

Im ersten Quartal des kommenden Jahres werden deshalb in zwei Traverso-Fahrzeugen in der 1. Klasse grössere Klapptische zum Arbeiten getestet.

«Auch diese Ideen entspringen Rückmeldungen unserer Kundinnen und Kunden.»

Bessere Datengrundlage für die Planung
In einem weiteren Pilotprojekt arbeitet die Südostbahn daran, bessere Statistiken von transportierten Velos und grossen Gepäckstücken zu erhalten. Die heutigen Fahrgastzählsysteme können mit ihren Sensoren nur Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen messen. Bisher sind in SOB-Zügen zudem keine Veloreservationen möglich und nötig, ebenso lassen die verkauften Velo-Tageskarten keine Rückschlüsse auf die gefahrenen Routen zu. In begleiteten Fernverkehrszügen reicht dem Zugpersonal die Zeit zwischen einzelnen Haltestellen oft nicht aus, um aussagekräftige Daten zum effektiven Velo- und Gepäckaufkommen zu erfassen. Gemeinsam mit der spezialisierten Firma ASE arbeitet die SOB deshalb an einer datenschutzsicheren Objekterkennung von Fahrrädern und Gepäckstücken.

Die Objekterkennung nutzt die Videobilder der ohnehin bereits installierten Kameras und wertet die Bilder lokal auf einem eigenen Datenrechner im Fahrzeug aus. Personendaten werden keine verknüpft. Ziel ist es, das Aufkommen von Fahrrädern und sperrigen Gegenständen detailliert zu analysieren, mit weiteren Datenquellen wie beispielsweise Wetter, Ferien, Veranstaltungen zu verknüpfen und so langfristig Auslastungsprognosen zum Nutzen der Kundinnen und Kunden anzubieten.

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Redaktionhttps://www.bahnonline.ch
Aus der Bahnonline.ch-Redaktion. Zugesandte Artikel und Medienmitteilungen, welche von der Redaktion geprüft und/oder redigiert wurden.

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Kommentare

7 Kommentare

  1. Ansatz geht in die richtige Richtung. Aber die Konfiguration sollte, je nach den Bedürfnissen, von den Passagieren einfach selbst getätigt werden können. Zudem müssen die Velos senkrecht aufgehängt werden können. Aufteilung wäre 2/3 Sitzplätze, 1/3 Gepäck/Velo mit der Option dort abklappbare Sitze zu haben.

  2. Tolle Sache, ein Langzeittest muss jetzt klären ob diese Lösung auch Vandalismus und anderen Demolationsversuchen standhält und das über viele Jahre.

  3. Genial! Das Umkonfigurieren muss aber unbedingt dem Zugspersonal vorbehalten bleiben, sonst sind Chaos, Vandalismus, Schäden und Streit zwischen Passagieren vorprogrammiert. Das Aufhängen von Velos kann zwar Platz sparen, ist aber nicht kundenfreundlich und vor allem bei schweren E-Bikes für ältere Menschen nicht zu zumutbar. Zudem gibt es immer mehr Velos mit breiteren Reifen, die nicht in die Aufhängung passen. Deshalb ist das Aufhängen eine schlechte Idee. Gut ist auch, sind Gurten zum Sichern von Velos und Rollenkoffer vorgesehen. Das ganze lässt erkennen, dass da sehr viel Hirnschmalz investiert wurde. Für mich stimmt das Konzept perfekt, ich brenne darauf es selbst zu testen. Aber allen recht machen wird man es auch damit nicht können. Das kaputt reden guter Ideen ist eine typisch schweizerische Unart, die unser Land nicht weiterbringt.

  4. Wiedereinmal typisch SOB, eine Schnapsidee ohne Bezug zur realen Welt. Hier nicht weiter als eine lustige Animation einer Schulklasse für Innenarchitektur.
    Bei SOB gilt seit geraumer Zeit –mehr Quantität weniger Qualität–, für den Fahrgast genügt ein Güterwagen.

    Jeder der schon in einem Stadler Plastikflirt, zB. am Gotthard, mitgefahren ist, weiss beim grossen Ansturm von
    Passagieren ohne oder mit Velos, führt jede dynamische Umfunktionierung im Innenraum bein Einsteigen ins Chaos. Der Normalfahrgast wird sich ärgern ob der Belästigung und die Bahn künftig meiden,

    Velos sind in den Bahnen Aergenis Nummer eins. Die gehören auf die Strasse nicht in den Zug, Batterivelos
    sind zu verbieten. Velos sind das Eine, daneben wird der Haushalt im Rucksack plus Hirnschoner mitgeschleift,
    zusammen verdrängt das 2 ordentliche Normalsitzplätze.

    Die Transportpreise für Velos sind heute lachhaft, er soll minimal auf Personentaxe angehoben werden.
    Kann nicht sein, dass Rentnerbuben sich den Drahtesel für ein Trinkgeld den Berg hinauf bugsieren lassen,
    um alsdann hinunter zu velölen.

    Die oben genannte Meinung für Platzaufteilung 1/3 Ware, 2/3 Passagiere sind akzeptiert wenn für die Ware
    voll kostendeckend belastet wird. Hat sich beim Flugverkehr gerechter Weise neuerdings eingespielt.

    Leider stellt man immerwieder fest, eine nicht kleine Anzahl velofahrender Passagiere haben ein Anstands-
    manko. Zeigt sich in rauem Umgang mit der Innenausstattung im Bahnwagen, auch verdreckte Velos,
    Schuhe etc. „gehört nicht mir, andere sollen reinigen“

    Velos können transportiert werden, bitte in einem zweckgebundenen Wagen, der immer im Zug an der selben Stelle eingereiht ist, und der aussen klar mit einer Kontrastfarbe lackiert ist. Kleine Fenster und Notsitze für
    diese Spezies genügen.

  5. Offensichtlich ein «herrscheilgenbergtreuer» SVP-Wutbürger, den man nicht ernst nehmen kann. Das Velo ist ein äusserst energieeffizientes, umweltschonenden und gesundheitsförderndes Verkehrsmittel und Freizeitgerät das gefördert werden soll. Ein gutes E-Bike ist zudem in vielen Fällen ein vollwertiger, umweltschonender Autoersatz. Selbst verständlich sollen VelofahrerInnen Rücksicht nehmen und nicht einfach zu den Spitzenverkehrszeiten das Velo in den Zug mitnehmen.

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