Eingleisige Nutzung des Gotthard-Basistunnels: Kapazität für den Güterverkehr sichern – Verkehrsverlagerung schützen

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 21. August 2023 veröffentlicht.

Die Güterverkehrsbranche der Schweiz begrüsst die Lösungen, die nach dem verheerenden Unfall im Gotthard-Basistunnel für den Schienengüterverkehr erarbeitet wurden. Nun gilt es, die Ersatzkapazitäten optimal zu nutzen und sukzessive auszubauen, um die Versorgung zu sichern und die Verkehrsverlagerung zu schützen.

Durch den Unfall im Gotthard-Basistunnel am 10. August hat sich trotz der ferienbedingt geringen Nachfrage ein Rückstau an Zügen und Ladeeinheiten entlang des Korridors Rhein-Alpen gebildet. Zwar verfügt die Schweiz über Umleitungsmöglichkeiten über die Gotthard-Bergstrecke und die Lötschberg/Simplonstrecke. Doch diese können wegen Profil- und Kapazitätsbeschränkungen nicht das volle Volumen der Route via Gotthard-Basistunnel aufnehmen.

Die für den 23. August angekündigte Inbetriebnahme der unbeschädigten Röhre im Gotthard-Basistunnel schafft Entlastung für die Versorgung der Schweiz und den Transitverkehr. SBB Infrastruktur stellt 90 Trassen pro Tag für Güterzüge mit 4-Meter-Profil zur Verfügung. Zusammen mit 20 Umleitertrassen via Gotthard-Bergstrecke für den konventionellen Wagenladungsverkehr und einer Restkapazität via Lötschberg-Simplon entsteht planerisch ein erheblicher Teil der notwendigen Trassenkapazität für den alpenquerenden Güterverkehr durch die Schweiz.

Um diese Kapazität so effektiv wie möglich zu nutzen bzw. auszubauen, schlägt die Güterverkehrsbranche folgende Kriterien und Massnahmen vor:

  1. Nutzung der unbeschädigten Oströhre des Gotthard-Basistunnels ausschliesslich für den Güterverkehr und prioritär für Züge mit 4-Meter-Profil.
  2. Sukzessive Maximierung der Kapazität des Gotthard-Basistunnels durch Geschwindigkeitserhöhungen und durch den Einsatz aller verfügbaren Streckenteile im gesamten Tunnel.
  3. Nutzung der Bergstrecke für den Personenverkehr und für Züge des konventionellen Wagenladungsverkehrs, die kein 4-Meter-Profil benötigen und die wegen ihres geringen Gewichts nicht auf aufwändige Mehrfachtraktion angewiesen sind.
  4. Ausreizung der verfügbaren Kapazität auf der Lötschbergstrecke und deren Zulaufstrecken im Süden durch geeignete Massnahmen.
  5. Aktive betriebliche Steuerung unter Nutzung aller verfügbaren Abstell- und Pufferkapazitäten.
  6. Enge Koordination durch SBB Infrastruktur mit den angrenzenden Infrastrukturbetreibern im Süden und im Norden im Sinne eines Krisenmanagements, um Fahrpläne anzupassen und um Ineffizienzen durch Baustellen und andere Vorkommnisse auf den Umleitungs- und Zulaufstrecken zu vermeiden bzw. schnellstmöglich zu überwinden.

Festzuhalten ist: Die Ein-Röhren-Kapazität des Gotthards muss bis zur Inbetriebnahme der zweiten Röhre ausschliesslich dem Güterverkehr vorbehalten bleiben. Denn der Gotthard-Basistunnel erfüllt in Zusammenwirkung mit dem Ceneri-Basistunnel und dem durchgehenden 4-m-Korridor von Grenze zu Grenze eine wesentliche Voraussetzung für den Warenaustausch auf der Nord-Süd-Achse und für die gesetzlich verankerte Verlagerungspolitik. Während der Personenverkehr via Bergstrecke von einem soliden, zuverlässigen Transportangebot profitieren kann, droht im Güterverkehr eine massive Rückverlagerung auf die Strasse mit massiver Überlastung der A2 zwischen Basel und Chiasso, wenn über einen längeren Zeitraum keine ausreichende Kapazität zur Verfügung steht.

Dies zu verhindern ist das zentrale Anliegen aller Akteure des Schienengüterverkehrs. Sie verpflichten sich dazu, die vorhandene Kapazität durch flexibles Handeln und pragmatische Kooperation bestmöglich zu nutzen mit dem Ziel, der Logistik auch in dieser schwierigen Situation ein zuverlässiges, marktfähiges Transportangebot auf der Schiene zu gewährleisten.


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Kommentare

6 Kommentare

  1. Man stelle sich jetzt vor, die Gotthard-Bergstrecke wäre nach der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels stillgelegt und zurückgebaut werden, wie das gewisse, dumme, bürgerliche PolitikerInnen und Strassentransport-LobbyistInnen wollten. Die Folgen des Desaster würden apokalyptische Ausmasse annehmen. So bleibt es wenigstens bei einem dunkelblauen Auge.

  2. Vor vielen Jahren hatte man Güterzug begleitwagen in die Mitte oder ans Ende der Züge gehängt. Macht „man“ das heutzutage nicht mehr? Ist es zu teuer,umständlich? Arbeitssuchende gibt es genug. Früher sagte man: vorbeugen ist besser als heilen. Aber das war halt früher

  3. Mit Personal besetzte Güterzugbegleitwagen sind überholt. Das wurde über Jahrzehnte verschlampt. Wichtig wäre es den Güterwagenbestand technisch möglichst rasch auf einen zeitgemässen Stand zu bringen, auf europaweit standardisierte, automatische Kupplungen umzustellen, zu digitalisieren und mit Entgleisungsdedektoren auszurüsten.

  4. Hallo es waren nicht die Bürgerlichen, sondern der DB/SBB Mayer: Ich mag mich noch an seinen Ausspruch erinnern, wo er im Fernsegen sagte “ Wissen sie eigentlich, was die Erhaltung der Bergstrecke kostet!“
    Und die Bahnen heruntergewirtschaftet hat ein Sozialdemokrat: Glauben sie nicht? Dann schauen sie in der Schweizer Fachzeitschrift 01/2015 nach: Dort befindet sich eine Grafik, wie der Unterhalt zurückgefahren wurde und wie er unter Mayer wieder aufgebaut wurde!

  5. @Leo Fink
    Tout à fait d’accord. So ist es!👍
    Aber:
    Was heisst ‘gucken’?
    Excusez, bin Helvetier und kein Germane!😊

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